Donaufestival 2007 in der Donaumetropole Krems unter dem Motto „Unprotected Games“. Leiter Tomas Zierhofer-Kin, beim Eröffnungsfest einer der am exzessivsten feiernden Gestalten der Nacht, versteht darunter „ohne jeden Anspruch auf die kitschige Utopie der Veränderung, die Innen- und Außensicht von gesellschaftlichen Spielsystemen zu verwirren, am schmalen Grat zwischen Virtualität und Realität die Positionen zu wechseln und ein riskantes Match von Umwertung und anarchischer Freiheit zu simulieren.“ (?!) Na ja, nun im Klartext: Beim Eingang stand Johan Lorbeer als „proletarisches Wandbild“ in der Verkleidung eines Müllmannes, senkrecht zur Hausmauer. Die Radikalaktivisten von God´s Entertainment setzten mit einer „Versteckten Kamera“-Aktion ein Zeichen gegen Rassismus.
Während die Repräsentationsfestischisten der biederen Landes- und Gemeindepolitik Richtung ORF-Spießigkeit oder Heurigen düsten, begann in den Gemäuern des Donaufestivals (Stadtsaal, Österreichhalle) das Veranstaltungsprogramm. Gob Squad, kürzlich in Berlin frenetisch gefeiert, versetzten das Publikum mit einer Zeitreise in die Sixties zurück in das interaktive, avantgardistische „Kitchen“-Imperium Andy Warhols und seiner Muse Edie Sedgwick. Härtere, düstere Töne dagegen beim Line-Up in der Halle 1: Priestbird aus Kanada, der Experimentalelektroniker Fennesz (mit seltsamen musikalischen Variationen), und massenkompatibler die bayrische „New Seattle“-Band „The Notwist“, die nach 1 Uhr das Sound-Zepter an „Addictive TV“ und lärmende Big Beat-Kanonaden übergaben.
In der frei zugänglichen Lounge konnte man sich dazwischen in der Matrix-artigen „Pause“-Installation von Lynn Pook & Julien Clauss von den musikalischen Strapazen erholen - diese besteht aus 5 sternförmigen auf einem Gerüst befestigten und miteinander verbundenen Klangliegen, über deren Lautsprecher minimalistische Klangereignisse ausgesendet werden, wobei durch das Hinlegen der 5 Personen auch eine wechselseitige Bewegungsabhängigkeit entsteht. Innovativ, kreativ, progressiv das Österreich-Premiere-Projekt „Can you see me now“ der englischen Künstlergruppe Blast Theory - Bis zu 20 Spieler können sich hier via Internet gleichzeitig durch die Gassen des virtuellen Krems jagen lassen, das am Screen in Form eines Stadtplanes erscheint. Die Jäger selbst, von Satelliten aufgestöbert, sind real im Stadtgebiet unterwegs und sehen auf ihren Handcomputern die Positionen der gejagten virtuellen Spieler, die untereinander in Verbindung treten und via Audiostream ihre Verfolger belauschen können. Zu Beginn des Spiels werden die Spieler übrigens aufgefordert, den Namen einer Person zu nennen, die ihnen nahe steht und die sie lange Zeit nicht mehr gesehen haben. Sobald ein virtueller Spieler gefangen wird, ruft der Fänger den Namen der Person aus der Vergangenheit des Spielers auf und schießt ein (leeres) Foto der Location. Eine faszinierende Symbiose zwischen virtueller Spielmatrix und dem Realraum Krems.