Ausnahmezustand in der Donaumetropole Krems - das alle 2 Jahre stattfindende Wachauer Volksfest 2009 lädt in der letzten Augustwoche Jung und Alt in den Stadtpark, die Grüne Oase der Stadt. Die Vorzeichen standen nicht gut, haben sich wegen horrender vom Magistrat Krems verordneter Standgebühren zahlreiche renommierte Betriebe (wie der Meisterwirt, die Konditorei Hagmann oder Armin Oswalds XO-Bar-Lounge) nicht mehr an dem fröhlichen Open-Air-Treiben beteiligt. (Angebliche) 115.000 Besucher verirrten sich aber trotzdem während der 10 Tage auf das Volksfestgelände und vergaßen inmitten von schicker Beachbars, peinlicher Schlagerrustikalisierung und hipper Vergnügungskarusselle ihre Alltagssorgen, manche auch ihre Kreditverbindlichkeiten oder ihre Contenance.
Südländische Dolce Vita-Atmosphere erwartete die Party People an Martin Negers Caribbean Nights Bar: Coole "Sex with a Bitch"-Cocktails und der neue aus Venedig stammende Aperol-Sommerspritzer als Aphrodisiakum, dazu DJ Oliver´s Uplifting Beats aus House, Latin-Pop und Spotlight Classics als Feel-Good-Vibes für sexy Hüftbewegungen und heiße Flirts in einer noch unberechenbaren Nacht. Barcelonas Star-DJ Javi Mula (Resident-DJ im dortigen House-Club Shoko) und sein heißblütiger Electro-Track "Come on" zählte zu den Airplay-Hits der Open-Air-Bar, dazu Pitbull, "Let the Sun shine in", "The Sun is shining" und natürlich "Sexy Bitch" (und das nicht nur für jenen Party-Gast, der viel, viel später von David Guettas Mega-Hit im Whirlpool des "Splash"-Clubs erneut beschallt wurde).
Mit demselben Sound-Teppich ausgestattet, präsentierte sich neben Martin Negers Karibik-Bar der Weinstand von Walter Brunner, wo auch kräftig Werbung für die "Jet Set-City"-Clubbings gemacht wurde. Alexander Lengauers Star Night Club loungierte im "Weißen Zelt", daneben der Stand von Und-Lounge-Barkeeper Erol mit Summer Drinks & Steckerlfisch. Christian Gschwantners GCL-"Schatzi"-Team tanzte mit Lederhosen und deutschen Stimmungsschlagern an. Übertroffen wurden sie allerdings bei weitem durch DJ Hugos bizarre Schlagerfantasien im neuen Beisldorf - Schlümpfe, Wickie, Fliegerlieder oder "7 Detektive" ("die prüfen, wen ich liebe") sind vielleicht Standard in diversen ländlichen Tanzschuppen oder im ballermannverseuchten El-Arenal, aber ganz sicher nicht in einer Tourismus-, Bildungs- und Kulturmetropole wie Krems. Das sollte sich auch die Agentur Krems zu Herzen nehmen, die als musikalisches Rahmenprogramm Radio-NÖ-Kapazunder wie Oliver Haidt, Marlena Martinelli oder die Donauprinzen engagierten.
In die richtige Richtung dagegen führen Innovationen wie die in der Dominikanerkirche abgehaltene Messe "Leben mit Stil", in der aktuelle Trends aus den Bereichen Wohnen, Einrichten und Home Entertainment (inkl. cooler Softub-Whirlpools, Stressless-Sitzmöbels und Kunstobjekten der Atelier Holzform von Thomas Lackner) vorgestellt wurden und durch die Verbindung mit Ausstellungen im Weinstadtmuseum auch der künstlerische Aspekt nicht auf der Strecke blieb. Für "Final Destination"-Horror-Feeling sorgte auf der Ringstraße das brandneue einarmige Loopingkarussell "No Limits", neu auch "Sling Shot" und "Blackout", altbewährt, aber noch immer beliebt das "Playball" und das "Magic".
In letzteres verirrte sich auch ein - von Securities abgeschirmter - pink kostümierter Ali G.-Verschnitt, der sich als MC Fisher outete, letztendlich aber nicht der Rap-Szene, sondern der Marke Polterabend-Schmäh zuzuordnen war. Ebenso wie die Girls im Hochzeitsoutfit, die mit "Ade Männerwelt, ich bin die Braut, die sich traut" und "Aloha Männerwelt, ich bin´s nicht" die männlichen Testosteronhormone zur Wallung brachten. Fotokultur-Party-Fotograf Philipp Thaller, nach einem Jochbeinbruch, zugefügt durch den Bruder des getöteten 14jährigen Einbrechers aus Lerchenfeld, wieder halbwegs genesen, lichtete die grell geschminkten Bella Cinderellas und frenetisch feiernden Party People der Teen- und Twen-Generation ab und erwischte auf seinen nächtlichen Streifzügen auch manche, bei denen die Werte der weiblichen Alkomat-Patrouillen jenseits der Harmlosigkeitsgrenze lagen. Im Liebesrausch gesichtet dagegen das neue Traumpärchen der DJ-Szene, Tom Snow und Dominique Jardin vom "Vienna Calling"-Team, die gemeinsam mit DJ Ronaldo und der Kremser Szene-Ikone DJ Dürnstein das Wachauer Volksfest besuchten.
Seit 1984 mit dabei und auch 2009 wieder mit Grillhuhn, Grillwürstl und (Cognac)-Drinks vertreten: Ex-Cafe Illy-Mastermind Michael Merkle, dem unter dem Teaser "Die Kremser Legende is back" eine Fan-Gruppe auf StudiVZ gewidmet wurde.
Ansonsten vermisst man einige Highlights früherer Jahrzehnte: den Blumenkorso, Auftritte internationaler Folkloregruppen, Bierzelte, Messezeitungen, spannende Fußballmatches, Konzerte aus dem Nicht-Schlager-Genre, Freistilringen, überhaupt ein durchgehendes, prickelndes Rahmenprogramm, das den Eintrittspreis auch rechtfertigt. Stattdessen schikanöse Dezibelmessungen, skandalös früh festgelegte musikalische Sperrstunden durch pragmatisierte Berufspolitiker und Verwaltungsbeamte bereits gegen Mitternacht (bei prall gefüllten Bars) aus Angst vor Wählerstimmen angeblich lärmbeeinträchtigter Anrainer und Denunzianten bzw. Zwangs-Öffnungszeiten für die Night-Bars um 11 Uhr vormittags. Und das bei kolportierten Standgebühren zwischen 50 und 100 Euro pro Quadratmeter.
Hier ist Änderungsbedarf bis 2011 angesagt, genauso wie beim KSC, der zu seinem 90er Jubiläum (Gründung: 24. August 1919) - nach der 1:3-Niederlage gegen Weißenkirchen (!) - am unteren Plafond seiner Existenz angekommen ist. Die Hoffnung stirbt allerdings zuletzt.
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tsSLAueP (Montag, 22 August 2022 10:14)
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