22 James Bond-Verfilmungen flimmerten bislang über die Kino-Leinwände, die wohl bizarrste und mysteriöseste ist (noch) ungedreht und entspricht der hypeerfüllten Trademark „Reality-Trash“: Die Lebensgeschichte von Julian Assange aka Mastermind von Wikileaks, jener Internet-Plattform, die es sich zum Ziel gemacht hat, geheim gehaltene Dokumente politischen, diplomatischen oder ethischen Interesses zu veröffentlichen. Die Devise: „Die Presse befreien, Missstände aufdecken und Dokumente retten, die Geschichte machen“.
Assange, der Mann mit den schneeweißen Haaren, der in seiner medialen, extravaganten Erscheinung fast ein bisschen an „Mr. Subway“ Christopher Lambert erinnert, wurde – der Legende nach – 1971 in Townsville an der australischen Ostküste geboren. Die Eltern lernten sich „standesgemäß“ bei Protesten gegen den Vietnamkrieg kennen. Nach deren Trennung soll die Mutter den Direktor eines Wanderzirkus (!) geheiratet haben, man streifte als Hippie-Nomaden durch Australien und wohnte auf einer kleinen Insel namens Magnetic Island. Assange verglich seine Kindheit mit der von Tom Sawyer – „Ich hatte ein Pferd, baute mir ein Floß, angelte und durchsuchte Minen.“ Eine maßlose Untertreibung – die Mutter lernte nämlich einen neuen Mann kennen, einen brutalen Musiker, der einer finsteren Sekte angehörte. Und so befand man sich nach einer weiteren Trennung – Falco-like – „auf der Flucht“. Assange besuchte laut eigenen Angaben 37 Schulen und 6 Universitäten.
Bereits vor seinem Physik-Studium an der Universität Melbourne verschaffte er sich als „Mendax“ (lat. Lügner) massive Geltung in der Hacker-Community – als Teenager soll er sich bereits in den Computer der US-Raumfahrtsbehörde NASA gehackt haben. Wegen 24 illegaler Hackattacken wurde er Anfang der 90er zu einer Geld- und einer bedingten Haftstrafe verurteilt. Zuviel Dirty Dancing machten ihn in den 80ern zum Jung-Vater, die Mutter erst 16, später führte er mit ihr einen erbitterten Sorgerechtskampf. Privat liest er gerne Bücher von Franz Kafka und dem Sowjet-Literaturrebellen Alexander Solschenizyn und unternimmt gewagte Touren (wie eine Motorradfahrt durch Vietnam). Bis 2006, dem Geburtsjahr von Wikileaks, war Assange als Journalist und Berater für Computersicherheit tätig.
Philosophisch steht Assange den Ideen des Krypto-Anarchismus nahe, der von einer Informations-Asymmetrie zwischen Staat und Bürgern ausgeht. Während der Staat große Teile der Kommunikation seiner Bürger überwacht, versucht er gleichzeitig, viele Informationen vor diesem geheim zu halten. Das Internet könne mit seinen technischen Fähigkeiten diese Asymmetrie umkehren, indem öffentliche Dokumente publik gemacht werden. Ein unscheinbarer, homosexueller Soldat soll mit einem „Lady Gaga“-CD-Trick Wikileaks u.a. hochbrisante Videodaten aus dem Irak-Krieg (Schüsse des US-Kriegshubschraubers „Apache“ auf Zivilisten) und eine Viertelmillion interne US-Diplomatenberichte übermittelt haben.
Assange, der seine Spuren „wie ein Drogendealer“ verwischt, wurde einige Tage später in London verhaftet. Wegen Hochverrats oder Verrats von Staatsgeheimnissen ? Nein, wegen Vergewaltigung (!). In Schweden soll der selbsternannte Informationsaktivist Sex mit 2 Frauen gehabt haben, einvernehmlich, aber ohne Kondom. Das hohe Land im Norden ist liberal im journalistischen Quellenschutz, radikal aber im Sexualrecht. Die beiden Engerln, enttäuscht von Assanges sexuellen Umtrieben, mutierten – von Eifersucht getrieben – zu Bengerln und gingen gemeinsam (!) zur Polizei, Interpol sucht nach einem geplatzten Kondom. Die Rache einer Frau gefährlicher und effektiver als die US-Staatsmacht ? Quod erat demonstrandum.
Die dezentral, virtuell organisierte Plattform Wikileaks, die 2009 den Media Award von Amnesty International bekam, wird dieser „coitus interruptus“ aber nicht stoppen – die Nachfrage nach Enthüllungen geheimer Dokumente, Intrigen und Gaunereien ist stärker denn je. Auch in kleinen österreichischen Gemeinden, wo illegale Postenbesetzungen, Nepotismus, finanziell unterdotierte Grundstücksverkäufe, gesetzwidrige Vergabe öffentlicher Aufträge, vertuschte Subventionen, horrende Zusatzgehälter und Bevorzugung parteinaher Unternehmer an der Tages- und Nachtordnung stehen. Oder im Assange-Jargon: „Wenn wir das Bild einer Gipfelbesteigung verwenden wollen, befinden wir uns gerade im Basiscamp.“
„Du kannst keine 500 Millionen Freunde haben, ohne dir ein paar Feinde zu machen“ – so der Promotion-Teaser zum „Facebook“-Film „The Social Network“. Aber kann jemand, der dieses revolutionäre Kommunikationsnetzwerk kreiert hat, nur Feinde haben ? Der spannende Streifen des Meisterregisseurs David Fincher drückt dies in vielen Stellen des Filmes aus. Ob dies die Realität darstellt, ist mehr als fraglich, ist allerdings für Fincher nicht eminent, sein Film sei ein „Kunstwerk“.
Facebook-Buchautor David Kirkpatrick behauptet, viele Abläufe seien korrekt dargestellt, aber nicht mehr als 40 % entsprächen der Wahrheit. Basis des Films ist allerdings auch ein Buch, jenes von Ben Mezrich, der sein Werk „The Accidental Billionaires: The Founding of Facebook, A Tale of Sex, Money, Genius, and Betrayal“ mit Hilfe des Computerexperten Eduardo Saverin erstellt hat. Jener Saverin, der 2004 in einer Studentenwohnung gemeinsam mit „Mr. Facebook“ Marc Zuckerberg den Quellcode für die ursprünglich nur auf die Universität Harvard abzielende Scherzsoftware entwickelt hat und später von Zuckerberg & Co. durch einen Kapitalerhöhungstrick eiskalt um seine Anteile betrogen wurde. Die Idee für das Studentennetzwerk hatten auch andere, die reichen, sportlichen Winkleross-Twins, sie klagten ihren Harvard-Kollegen Zuckerberg wegen Diebstahls geistigen Eigentums und bekamen in einem Vergleich kolportierte 65 Millionen Dollar. Auch ein gewisser Sean Parker, im Film glänzend gespielt durch Pop-Ikone Justin Timberlake, war am Aufbau des Facebook-Imperiums beteiligt. Der umtriebige Revolutionär der Musikindustrie, der die Gratistauschbörse Napster entwickelte, vermittelt Zuckerberg das Investitionskapital, am Ende wird er wegen Kokainbesitzes festgenommen und fliegt aus dem Unternehmen. Wie die Polizei zu diesen Informationen gekommen ist, wird auch im Film nicht restlos geklärt.
Alles nur Zufall ? Oder der geniale Rachefeldzug eines schmächtigen, zurückgezogenen Außenseiters auf der Harvard University, der zwar mit seinen Computerkenntnissen hervorsticht, aber sowohl bei den sexy Studentenkolleginnen, als auch in den elitären Clubs der Universität brutal abblitzt ? Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte, sie wird wohl (auch aufgrund der durch Vergleiche eingestellten Gerichtsverfahren) nie endgültig an die Oberfläche treten. Fakt aber ist: Zuckerberg ist jüngster Billionär aller Zeiten und beschäftigt als erfolgreicher Mit-Eigentümer über 1700 Mitarbeiter, Facebook hat im November 2010 mehr als 500 Millionen Nutzer, in Österreich über 2,1 Millionen (26,44 %). Neben marketingtechnischer Eigenpromotion, blitzschneller Wissens-Kommunikation und sozialer Freundespflege in alle Welt verzückt sich die „over-sharing“ Facebook-Community im Adding-Fetischismus und Banalitäten-Narzissmus bzw. enthüllt ihre peinlichsten Gedanken, aggressivsten Zornausbrüche und intimsten Liebesaffären vor einem Massenpublikum. Egal, wie niederträchtig und fragwürdig der Aufbau des Facebook-Unternehmens auch war, der Facebook-Konsument, der ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein oder besser gesagt deaktiviere den „Like“-Button.
“No one needs anything here. It´s all about want.” – Düstere, diabolische Worte von Kiefer Sutherland im neuen Drogen-High Life-Thriller “Twelve”. Worte, die man dem ehemals drogen- und alkoholsüchtigen Hollywood-Star jederzeit abnimmt. Sutherland fungiert im neuen Film von Joel Schumacher (der mit dem „24“-Star auch schon „The Lost Boys“ und „Flatliners“ abgedreht hat) aber nicht als Actor, sondern als Erzähler. Eine dramaturgische Idee, die es dem Regisseur ermöglicht, Originalzitate aus dem zugrundeliegenden Kult-Buch von Nick Mc Donell zu verwenden.
„12“ hat Mc Donell im Alter von 17 Jahren geschrieben, ein New Yorker Teenager, der die dekadente Szene der Rich Kids selbst miterlebt hat. Haupt-Protagonist von „12“ ist allerdings White Mike, dessen Mutter an Krebs gestorben und dessen Vater nur dem schnöden Mammon verpflichtet ist. Statt die High School abzuschließen, verdient er sein Geld mit dem Verkauf von Drogen an seine ehemaligen Schulkameraden, die sich auf lasziv-promiskuitiven Parties Koks und Pillen bis zum ultimativen Exzess einschmeißen. White Mike trinkt nicht, nimmt keine Drogen, feiert nicht und verkauft auch nicht „Twelve“, die neue, teuflische Mixtur aus Kokain und Ecstasy. Lionel, der gefährliche, schwarze Drogendealer (im Film gespielt von Curtis Jackson aka 50 Cent, der bis zu seiner Rap-Karriere selbst mit Drogen dealte), von dem White Mike den Stoff bezieht, hat da keine Skrupel. Die 18jährige gelangweilt-verwöhnte Jessica verfällt dem Stoff und verkauft ihre Jungfräulichkeit an den Drogendealer, während der Birthday Party von Sara, dem hottest girl of town, die mit ihrer Schönheit und Faszination ihre „Freunde“ brutal ausnutzt und sich das nimmt, was sie will. Und dann passiert ein Mord im Drogenmilieu: Charlie, der Cousin von White Mike wird, ausgerüstet mit einer Waffe, bei einem missglückten Deal erschossen. Ein Mord, der während der Spring Break Party in der Luxusvilla eine grauenvolle Kettenreaktion auslöst.....
Eine Schluss-Sequenz, die (wohl absichtlich härter) ausfällt als die in dieser Hinsicht mehr realitätsbezogenen, genreverwandten Streifen wie „Less than Zero“ (Bret Easton Ellis), „Traffic“ oder „St. Elmo´s Fire“. „12“ aber bringt die „Tanz auf dem Vulkan“-Philosophie einer vergnügungssüchtigen, hedonistischen Jugend ohne Verantwortung und Lebenssinn ansonsten voll auf den Punkt. Mit großartigen Schauspielern wie „Gossip Girl“-Herzensbrecher Chace Crawford (als White Mike), Emma Roberts (die Nichte von Julia Roberts, in „Blow“ als Tochter von Johnny Depp zu sehen), Emily Meade oder der wunderschönen Lenny Kravitz - Lisa Bonet-Tochter Zoe Kravitz. Der experimentell-kommerzielle Soundtrack kommt von Bands der Zukunft, wie der Phenomenal Handclap Band, der französischen Electro-Band Pony Pony Run Run, Passion Pit, den Klaxons oder dem Hip Hopper Spank Rock. Der „12“ Buch-Autor Nick Mc Donell, auch als Irak-TIME-Journalist tätig, hat übrigens dieser Tage seinen 3. Roman veröffentlicht, einen Polit-Thriller mit dem Titel „Der hohe Preis“. Den müssen auch die Protagonisten des Kinostreifens bezahlen. Wer mit dem Leben anderer experimentiert, der riskiert auch sein eigenes.
Paranoide Schizophrenie oder the Real Truth ? Lisbeth Salander (Noomi Rapace) muss sich im 3. Teil der „Millennium“-Trilogie nicht nur physisch und psychisch, sondern auch rechtlich rehabilitieren. Nachdem sie gegen Ende des 2. Teiles („Verdammnis“) ihren Vater, einen russischen Geheimagenten und Überläufer, niedergeschossen hat und selbst dabei schwer verletzt wurde, droht ihr im 3. Teil („Vergebung“ oder „Das Luftschloss, das gesprengt wurde“) in einem aufsehenerregenden Gerichtsprozess die Einlieferung in eine psychiatrische Anstalt, in der sie bereits im zarten Alter von 12 Jahren nach einem mysteriösen Brandanschlag auf ihren Vater gequält wurde.
Hilfe bekommt sie dabei nicht nur vom „Millennium“-Enthüllungsjournalisten Mikael Blomqvist (Michael Nyqvist), sondern auch von dessen Schwester und Rechtsanwältin Annika und einem talentierten Hacker. Die geheime Truppe innerhalb der Sicherheitspolizei, genannt „Die Sektion“, kommt langsam ins Schwitzen, hat allerdings durch ihre internen Kontakte und ihren Killertrupps noch einige Trümpfe in der Hand. Und auch der robuste Halbbruder Lisbeths ist weiterhin auf der Flucht und zieht eine blutige Spur durchs das verschneite Schweden. Ob Lisbeth Salander, die vor Gericht wieder im Punk-Irokesen-Look auftritt, ungeschoren davonkommt, sich an ihren Peinigern rächt und mit dem in sie verliebten Mikael Blomqvist zusammenkommt, sei hier aber nicht verraten.
Fakt ist aber: Die Romanvorlagen zu dieser erfolgreichen Kino-Serie von Stieg Larsson waren keinesfalls nur als Trilogie konzipiert. Geplant war eine zehnteilige Reihe des Autors, der allerdings 2004 überraschend an einem Herzinfarkt starb. Angeblich liegen von den Bänden 4-6 Exposes vor, ein Streit um die Manuskripte zwischen der ehemaligen Lebensgefährtin Larssons und dessen Vater und Bruder beschäftigt derzeit die schwedischen Gerichte. Aufgrund des immensen Erfolges in Europa plant man in Hollywood eine adaptierte Version der „Millennium-Trilogie“ unter dem schlagkräftigen Titel „The Girl with a Dragon Tattoo“. James Bond 007 Daniel Craig ist als männlicher Hauptdarsteller im Gespräch, als Lisbeth Salander werden u.a. „An Education“-Lolita Carey Mulligan und „Twilight“-Vampirloverin Kristen Stewart gehandelt. Ob diese allerdings in dieser Rolle der faszinierenden Noomi Rapace das Wasser reichen können, ist mehr als fraglich.
Fighting for Love, Peace & Happiness, Greenpeace- oder Anti-AKW-Aktivismus, Initiativen für Datenschutz und ein faires Urheberrecht im weltumspannenden Internet, Kampf gegen die korrupte, auf tiefstem intellektuellem Niveau dahinvegetierende Politikerklasse ? Mitnichten, die neue Timescout-Studie 2010 legt offen, welche Interessen und Motive junge Menschen zwischen 16 und 29 verfolgen, und das Ergebnis ist als sehr ernüchternd, wenn nicht als schockierend, zu betrachten. Der Soziologe Bernhard Heinzlmaier drückt es in einem platten Satz aus: „Was für die 68er die Vietnam-Demos waren, ist für die 2010er H&M.“
Weltanschauung und Idealismus sind passe, das Shopping zählt zu den wichtigsten Freizeitbeschäftigungen der jungen Leute von heute. 40 Prozent der jungen Österreicher betreiben Sport, allerdings nicht, weil sie Spaß dran haben (!), sondern weil sie sich über ihre solariumgebräunten und durchtrainierten Körper selbstinszenieren wollen. Spätestens die vergelten, kunterbunten Krochafrisuren und das proletarische Verhalten im Stile der „ATV-Saturday Night Fever“-Proll-Clique lassen den ersten positiven Eindruck aber schnell vergessen. Tja, Fitness-Center – außer Spesen nichts gewesen.
64 % hören House, 54 % Techno, und man kann nur hoffen, dass das jugendliche Clubbing-Publikum darunter nicht Frauenarzt, Scooter und ähnlichen Kirmes-Techno subsumiert. Das Internet hat das Fernsehen längst an Attraktivität überholt, bereits 43 % sind Mitglieder in einem sozialen Netzwerk. Über die banalen Status-Meldungen der jungen Leute auf Facebook & Co. lässt sich allerdings nicht einmal mehr streiten. Sozusagen Communication Breakdown ohne echte Communication ? In dieser Zielgruppe wird es auch der Nachtschicht- und Passage-assimilierte HC Strache schwer haben. Ausgenommen, er trägt ein neues Marken-T-Shirt !!!!
„Es wird verkauft, was nicht verkauft werden kann“ – Arthur Rimbauds Zitat steht Pate für die deutsche Komödie „Soul Kitchen“, in der es um das turbulente Leben des deutsch-griechischen Kneipenwirtes Zinos (gespielt von Co-Autor Adam Bousdoukos) geht. Thema ist aber nicht die grassierende Griechenland-Krise, sondern die Jobnöte, Sinnkrisen und Liebeswirren einfacher Hamburger Bürger inmitten von Gentrifizierung, Kapitalismus und Idealismus.
Moritz Bleibtreu, der für diese Rolle einen Part in den „Inglorious Basterds“ abgelehnt hat, spielt in dem vielfach ausgezeichneten Film des Drama-Spezialisten Fatih Akin den Bruder (Ilias) des Szene-Wirtes, der sich als Kleinganove durchs Leben schwindelt und eine Arbeit im Restaurant eigentlich nur annimmt, um länger Freigang vom Knast zu haben. Ein neu angeheuerter Koch (Biröl Ünel), der aufgrund seiner Exzentrik den Job in einem Nobelrestaurant verloren hat, vergrault vorerst durch seine „Weniger ist mehr“-Haubenspeisekarte die Stammkundschaft, das ändert sich aber bald, als der Chef-Kellner mit seiner Band Bad Boys Boogiez aufspielt, Ilias mit geklauten Plattenspielern aus Hamburger House-Clubs chaotisch die Vinylscheiben schwingt und neues jung-urbanes Publikum den fabrikshallenähnlichen Schuppen erobert.
Doch Achtung: Die Immobilienhaie der Metropole Hamburg (darunter auch Madonna-Du-Freund Udo Kier) haben schon Lunte gerochen und wollen das „Soul Kitchen“ mit unlauteren Methoden aufkaufen, die Spielsucht des Bruders kommt da gerade recht. Hans Albers klagt in bitterer Melancholie „Das letzte Hemd hat keine Taschen, man lebt nur einmal auf der Welt“, doch hat man das Herz auf dem rechten Fleck wie die „Soul Kitchen“-Belegschaft (mit dem alten Bootsbauer Sokrates als Lokal-Inventar), dann gibt es immer einen Lichtschein am Ende des Tunnels. Und fickt man das Finanzamt, dann wird man hundertprozentig auch von diesem gefickt.
Der deutsche Film, der mit einem Silbernen Löwen in Venedig prämiert wurde und von dem es auch ein Buch-Prequel der Autorin Jasmin Ramadan, einen großartigen Soundtrack (u.a. mit Jan Delay, Quincy Jones und Kool & The Gang) und ein Hörspiel gibt, ist herzerfrischendes, lebenslustiges, sentimentales Kino-Vergnügen pur. Oder wie es auf dem Kinoplakat heißt: „Leben ist, was passiert, während du dabei bist, andere Pläne zu machen.“
Eine Frage eines Nightlife-Gastes Samstag Abend „Läuft das absichtlich ?“. Gemeint war die (tonlose) Ausstrahlung des Musikantenstadls auf dem TV-Screen. Und die einfache Antwort war: „Ja“. Denn die 80er-Retro-Fans warteten schon sehnsüchtig auf den sensationellen Auftritt von David Hasselhoff in der dieses Mal in Salzburg stattfindenden Volksmusik-Show. „Knight Rider – ein Mann und sein Auto kämpfen gegen das Unrecht“, so der tägliche Teaser in den schrillen Eighties. Und auch diesesmal hatte der mit „Turbo Boost“ und elektronischer Stimme ausgestattete KITT den Vortritt – er rollte bereits zu Beginn des Stadls mit Moderator Andy Borg in das zünftige Gelände.
Ganze 2 1/4 Stunden (und Auftritte von „Sommernacht in Rom“-Schlagerfuzzi G.G. Anderson, Trompetenbläser Stefan Mross oder „Sempre Sempre“-Italo-Barde Al Bano) musste „The Hoff“ über sich ergehen lassen, bis er unter tosendem Applaus die Showbühne betrat. Kann man dies nüchtern aushalten ? Vielleicht hätte man eine Alkomat-Lady in die Mozartstadt schicken sollen. Nevermind – Hasselhoff präsentierte mit Glitzersakko seine großen (mitteleuropäischen) Hits „Crazy for you“, „Everybody sunshine“, „Flying on the Wings of tenderness“ und „Do the Limbo Dance“. Umringt von busenblitzenden Dirndln, sichtlich betrunkenen Almrausch-Burschen (die selbstmordattentäter-like die Bühne stürmten), verzückten Omamas und leicht entrückten Babies. Im Schlepptau hatte Ex-Baywatcher Hasselhoff seine Autobiographie „Wellengang meines Lebens“ und die bereits bei Stefan Raab leger in die Menge geworfenen „Hoff“-T-Shirts. Für den Vater (der per Videoscreen eingespielt wurde) präsentierte der stolze Besitzer eines Walk of Fame-Hollywood Sterns die (fade) Ballade „This Time around“, bis der Ballermann-Hüttenzauber mit seinem größten Hit „Looking for Freedom“ seinen finalen Höhepunkt erlebte.
Diesen Nr.1-Hit (eine Coverversion des 70er-Klassikers von Marc Seaberg) sang er auch 1989 in der Berliner Silvesternacht – 2 Monate nach dem Mauerfall. Böse Schelme meinten damals, spätestens dann wäre die Mauer von selbst gefallen. Fakt ist: Der von Alkoholeskapaden und Scheidungsstreitigkeiten gebeutelte US-Star is back. Vielleicht gibt es ja einen Sponsor, der ihn nach Krems zu einem „Spotlight“-Clubbing holt. David könnte sich ein Schnapserl mit dem Udo Huber gönnen, und KITT wäre im Autohaus Birngruber auch in bester Gesellschaft.
1890 veröffentlichte der Dandy-Protagonist und irische Schriftsteller Oscar Wilde seinen einzigen Roman „The Picture of Dorian Gray“. Im Mittelpunkt steht ein naiver, neureicher Aristokrat der Londoner Gesellschaft, der sich vom zynischen Lord Henry Wotton geistig vereinnahmen lässt und sich von dem schwulen Maler Basil Hallward ein erstklassiges Porträt anfertigen lässt (Anm.: Wilde war selber homosexuell und wurde kurz vor seinem Tode zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt). Aus Angst, selber zu altern, verkauft Dorian Gray seine Seele an eine dunkle Macht. Statt seiner soll das Bildnis den Weg der Vergänglichkeit gehen.
Im brandneuen Film des „Hamlet“-Regisseurs Oliver Parker heisst dies plakativ: „Vielleicht sollte ich meine Seele an den Altar des Teufels nageln“. Scharfzüngiger sind im britischen Horror-Thriller schon eher die Kommentare von Henry „Harry“ Wotton (brillant gespielt vom britischen Charakterdarsteller Colin Firth): „Jugend und Schönheit, die einzigen 2 Dinge, die begehrenswert sind“, „Um seine Jugend wiederzubeleben, muss man nur die Torturen von damals wiederholen“, „Das Leben ist ein Moment, es gibt kein Jenseits. Lassen Sie es immer brennen, auf höchster Flamme.“, „Jeder Impuls, den wir unterdrücken, vergiftet uns.“ „Der einzige Weg, einer Versuchung zu entkommen, ist ihr nachzugeben.“ Kein Wunder also, dass Dorian Gray dem geistig überlegenen Lord (der selber eine Familie gründet) auf den Leim geht und ein seelenloses, hedonistisches Leben auf der Überholspur inmitten von verruchten Bordellen, noblen Etablissements und nebeldurchtränkten Opiumhöllen lebt und Leichen seinen Weg pflastern. Seine erste große Liebe Sibyl Vane (gespielt von „Parfüm“-Actress Rachel Hurd-Wood) begeht Selbstmord wegen enttäuschter Liebe, der eifersüchtige Porträt-Maler Hallward (der zuvor noch mit einem Blow Job zufriedengestellt wurde) wird von Dorian Gray umgebracht, da er seinem dunklen Geheimnis auf die Spur gekommen ist. Der rachsüchtige, verwahrloste Bruder von Sibyl Vane stirbt in der „Tube“.
Wer den Originalplot von Oscar Wilde erwartet, wird aber enttäuscht sein. Sowohl die vorher erwähnten Passagen als auch die neugeschaffene Final Love-Story mit der progressiven Lord Henry-Tochter Emily Wotton (bezaubernd gespielt von „Vicky Cristina Barcelona“-Star Rebecca Hall) weichen vom genialen Klassiker der Weltliteratur ab. Was der dekadenten Atmosphäre und der Spannung aber keinen Abbruch tut. Die einzig wahre Enttäuschung des Filmes ist der Hauptdarsteller Ben Barnes, der das unendliche Pech hat, Karl-Heinz Grasser ähnlich zu sehen. Der mit Dorian Gray aber eines gemeinsam hat – für ihn gilt (zumindest äußerlich) die Unschuldsvermutung. Begleitet vom Film-Zitat „Wer unter die Oberfläche taucht, tut es auf eigene Gefahr“.
„Yes, we can“ – der US-Präsident Barack Obama musste seine geplante Rede zur Nation verschieben, weil zur selben Zeit die mit Spannung erwartete letzte 6. Staffel der neben „24“ populärsten TV-Serie „Lost“ startete. Im Mittelpunkt der seit 2004 ausgestrahlten Serie stehen Personen, die auf dem Weg nach Los Angeles einen Flugzeugabsturz auf einer geheimnisvollen Insel überleben und dort mit ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft konfrontiert werden. Ursprünglich konzipiert als „Herr der Fliegen“-Reinkarnation schuf Mastermind J.J. Abrams ein mystisches Epos mit Flashbacks und Flashforwards, bei dem eine neu ausgestrahlte Episode meistens mehr Rätsel aufwirft als sie löst.
Das Anfang Februar mit der Doppelepisode „LAX“ gestartete Final Season 6 soll die Bausteine der Kausalkette miteinander verbinden, was – außer der Fan-Community – viele bezweifeln. Fakt ist: „LAX“ steht für den Bestimmungsort des abgestürzten Flugzeuges Oceanic-185 , in der Fantasy-Popkultur auch für alternative Realitäten. In diese Richtung geht auch „Lost“ – so driften nach der von Juliet gezündeten Bombe und dem knallweißen Bildschirmscreen Ende der 5. Staffel zwei alternative Handlungsstränge nebeneinander her. Vielleicht auch nur scheinbar alternativ.
Das Flugzeug landet sicher in Los Angeles, das Leben der Hauptprotagonisten geht so weiter, als ob der Absturz nicht passiert wäre: Jack (Matthew Fox) vermisst den Sarg seines verstorbenen Vaters, die Mörderin Kate (sexy Evangeline Lilly) entkommt ihrem Bewacher, Locke (Terry o´Quinn), der nach dem Absturz plötzlich wieder gehen konnte, sitzt wieder im Rollstuhl, das koreanische Liebespärchen wird mit rätselhaftem Bargeld konfrontiert, Charlie (Dominic Monaghan), bewusstlos aufgefunden im Flugzeug-PC, wird wegen Heroinbesitzes verhaftet. Auf der Insel, 30 Jahre zuvor, dagegen hat die Bombendetonation (scheinbar) nichts verändert, Sawyer (Josh Holloway, zum erstenmal zu sehen im Aerosmith-Video „Crying“), will Jack töten, weil seine Geliebte Juliet bei der Explosion getötet wurde und sich die Lage der Gestrandeten nicht verbessert hat. Ex-Folterknecht Sayid wird in einem Tempel durch „heilbringendes Wasser“ wieder zum Leben erweckt, dessen Ureinwohner fürchten sich vor einer Person auf der Insel. Vielleicht vor dem mysteriösen John Locke-Doppelgänger, der mittels Ben den noch immer nicht durchschaubaren „Jacob“ töten ließ. Und dann ist da auch noch der „Führer der anderen“, Richard, der – welch Fügung des Glücks – zeit seines Lebens nicht gealtert ist.......
Wer die 5 Staffeln „Lost“ noch nicht gesehen hat, sie sind bereits auf DVD bzw. in den Internet-Tauschbörsen erhältlich. Die 6. Staffel läuft in englischer Originalsprache jeden Dienstag abends, was mit Zeitverschiebung bedeutet, dass sie Mittwoch früh weltweit verfügbar ist. Die deutsche Version startet voraussichtlich am 17. März auf Fox Channel. Gedreht wird „Lost“ übrigens auf dem Mokuleia Beach auf O´ahu, einer hawaiianischen Insel. Die nicht jedem Darsteller gut bekam. Hollywood-Star Michelle Rodriguez beispielsweise wurde wegen Drogenmissbrauches am Steuer festgenommen. And really lost, und zwar ihre „Lost“-Rolle. ABC-Mutterkonzern Disney duldet keine Drogenladies.