"Dorian Gray 2010" - Dandy-Dekadenz im New Millennium !

1890 veröffentlichte der Dandy-Protagonist und irische Schriftsteller Oscar Wilde seinen einzigen Roman „The Picture of Dorian Gray“. Im Mittelpunkt steht ein naiver, neureicher Aristokrat der Londoner Gesellschaft, der sich vom zynischen Lord Henry Wotton geistig vereinnahmen lässt und sich von dem schwulen Maler Basil Hallward ein erstklassiges Porträt anfertigen lässt (Anm.: Wilde war selber homosexuell und wurde kurz vor seinem Tode zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt). Aus Angst, selber zu altern, verkauft Dorian Gray seine Seele an eine dunkle Macht. Statt seiner soll das Bildnis den Weg der Vergänglichkeit gehen.

 

Im brandneuen Film des „Hamlet“-Regisseurs Oliver Parker heisst dies plakativ: „Vielleicht sollte ich meine Seele an den Altar des Teufels nageln“. Scharfzüngiger sind im britischen Horror-Thriller schon eher die Kommentare von Henry „Harry“ Wotton (brillant gespielt vom britischen Charakterdarsteller Colin Firth): „Jugend und Schönheit, die einzigen 2 Dinge, die begehrenswert sind“, „Um seine Jugend wiederzubeleben, muss man nur die Torturen von damals wiederholen“, „Das Leben ist ein Moment, es gibt kein Jenseits. Lassen Sie es immer brennen, auf höchster Flamme.“, „Jeder Impuls, den wir unterdrücken, vergiftet uns.“ „Der einzige Weg, einer Versuchung zu entkommen, ist ihr nachzugeben.“ Kein Wunder also, dass Dorian Gray dem geistig überlegenen Lord (der selber eine Familie gründet) auf den Leim geht und ein seelenloses, hedonistisches Leben auf der Überholspur inmitten von verruchten Bordellen, noblen Etablissements und nebeldurchtränkten Opiumhöllen lebt und Leichen seinen Weg pflastern. Seine erste große Liebe Sibyl Vane (gespielt von „Parfüm“-Actress Rachel Hurd-Wood) begeht Selbstmord wegen enttäuschter Liebe, der eifersüchtige Porträt-Maler Hallward (der zuvor noch mit einem Blow Job zufriedengestellt wurde) wird von Dorian Gray umgebracht, da er seinem dunklen Geheimnis auf die Spur gekommen ist. Der rachsüchtige, verwahrloste Bruder von Sibyl Vane stirbt in der „Tube“.

 

Wer den Originalplot von Oscar Wilde erwartet, wird aber enttäuscht sein. Sowohl die vorher erwähnten Passagen als auch die neugeschaffene Final Love-Story mit der progressiven Lord Henry-Tochter Emily Wotton (bezaubernd gespielt von „Vicky Cristina Barcelona“-Star Rebecca Hall) weichen vom genialen Klassiker der Weltliteratur ab. Was der dekadenten Atmosphäre und der Spannung aber keinen Abbruch tut. Die einzig wahre Enttäuschung des Filmes ist der Hauptdarsteller Ben Barnes, der das unendliche Pech hat, Karl-Heinz Grasser ähnlich zu sehen. Der mit Dorian Gray aber eines gemeinsam hat – für ihn gilt (zumindest äußerlich) die Unschuldsvermutung. Begleitet vom Film-Zitat „Wer unter die Oberfläche taucht, tut es auf eigene Gefahr“.

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Kommentare: 1
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    tsSLAueP (Montag, 22 August 2022 10:20)

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