In der amerikanischen Öffentlichkeit waren sie (aufgrund der angeblichen „Schwulenseuche“ Aids) gebrandmarkt, im spießbürgerlichen Österreich seltsame, ausgeflippte Paradiesvögel im ORF-Biedermann-TV: Gays, Transvestiten oder Personen irgendwo dazwischen im scheinbar unendlichen Kontinuum von Mann und Frau. Und das war ein Verdienst der TV-Hitparade „Die Großen 10“, die einmal im Monat Sonntag nachmittag freakigen, homosexuellen Künstlern wie Boy George, Jimmy Sommerville, Steve Strange (von Visage), Marc Almond (von Soft Cell) oder Divine eine clipästhetische Plattform bot.
Divine, die US-Kult-Dragqueen und John Waters-Muse, stürmte damals mit dem Euro Disco-Stomper „Shoot your Shot“ die Charts und schaffte es (trotz frühen Todes im Alter von 42 bei einem Gewicht von 170 kg !) auch auf das neue „Spotlight“-Plakat von Martin Negers kultigem Clubbing-Event. Das dieses Mal unter dem Motto „Remember the Eighties“ im Autohaus Birngruber stattfand und zwar keinen Gay Artist, aber die „Großen 10“-Legende Udo Huber als Moderator aufbot. Mit neuer Kurzhaarfrisur, aber altbewährten Wortfloskeln a la „Michael Jackson ist tot, wir leben aber noch“, präsentierte der 1955 geborene Ex-Ö3-Moderator Kult-Bands der Eighties (a la Modern Talking oder Madness), Stimmungsknaller von Kiss und Grease, NDW-Evergreens (a la „99 Luftballons“, „Major Tom“ und „Der Kommissar“) und natürlich jene Nummer, die am 1. 11. 1981 bei seiner ersten „Hit wähl mit“-Sendung die Ö3-Charts-Spitze belegte: „Tainted Love“ von Soft Cell.
Als „ewiggestrig“ bezeichnet Huber den Trip in die Vergangenheit aber auf keinen Fall. Manche Ö3-Nummern aus der Charts-Mottenkiste (wie Tina Turners „The Best“ oder Jacksons „Black or White“) kratzen zwar verdächtig an diesem Ruf, aber das tut dem sündigen Vergnügen keinen Abruf. Party Time im Gewerbepark gab es bis in den frühen Morgengrauen, auch wenn Udo ein bisschen früh abdüste. Vermutlich im Sauseschritt, wie es sich für eine Eighties-Ikone gehört. In 2 Monaten wird übrigens 5 Jahre Spotlight gefeiert – auf das Programm darf man gespannt sein. Vielleicht hat ja Eberhard Forcher Zeit für eine Magical Mystery Tour durch den fast undurchdringlichen Musikdschungel.
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tsSLAueP (Montag, 22 August 2022 10:26)
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