„Die Zeichnung soll nicht das Gesehene wiedergeben, sondern sichtbar machen. Und das macht vor allem die Karikatur.“ So Gustav Peichl alias „Ironimus“, der nicht nur die elitäre Feder zückt, sondern auch mit pointierten Zitaten glänzt. Im Karikaturmuseum Krems wurde nun seine neue Ausstellung „Die Qual der Wahl“ eröffnet, die seine besten 50 Polit-Zeichnungen aus sieben Jahrzehnten umfasst. Beginnend 1949, als die „minderbelasteten“ Nationalsozialisten erstmals nach dem Krieg wieder wählen durften und man um deren Stimmen buhlte. Bis zum aktuellen Noch-Kanzler Faymann, an dem Peichl vor allem die Auswahl „seiner Leute“ als Minister kritisiert.
Für die ehemaligen rot-schwarzen Großparteien schuf Peichl eine eigene Typologie: Der dickliche Österreicher in Tracht stand für die ÖVP, der hagere Typ mit Schirmkappe für die Sozialisten. Lieblingskanzler des Architekten und Karikaturisten Peichl war naturgemäß Bruno Kreisky, der 1970 an die Macht kam und nach einer kurzen Minderheitsregierung (mit der FPÖ !!!) dreimal hintereinander die absolute Mehrheit für die Sozialisten holen konnte. Kreisky selbst war Fan seiner Zeichnungen und erkannte als einer der ersten den Popularitätsschub durch Karikaturen. 1986 löste Jörg Haider, der am Eröffnungstag der Ausstellung seinen 63. Geburtstag gefeiert hätte, Norbert Steger als FPÖ-Chef ab. Damals hatten die beiden Großparteien SPÖ und ÖVP noch 96 % der Stimmen, heute sind es nach aktuellen Umfragen nur mehr zwischen 45 und 55 %. Und so ist naturgemäß auch der Chef der größten Oppositionspartei, HC Strache, in der neuen Ironimus-Ausstellung vertreten, im Jahr 2008 smart und bequem liegend unter einem Obstbaum, dem die Früchte nur so in den Korb fallen. Das wird 2013 nicht so einfach werden.
In einer anschließenden Podiumsdiskussion erläuterte die Motivforscherin MMag. Dr. Sophie Karmasin die neueste „Profil“-Umfrage, aufgrund derer die SPÖ mit 27 % knapp vor der – durch die Volksbefragung gepushten – ÖVP (26 %) führt und die Freiheitlichen derzeit bei 21 % liegen. Das Team Stronach hat 4 Prozentpunkte verloren, „Stellvertreter“ Lugar zieht bei den Wählern nicht so wie der schrullige Austro-Milliardär. Karmasin weist aber auch auf die hohe Fluktuation und Unentschlossenheit der heutigen Wähler hin.
In der vom Ex-ORF-Chefredakteur Gerhard Vogl geleiteten Diskussion wurde auch über die Bedeutung von Karikaturen gefachsimpelt. „Presse“-Vertreter Norbert Mayer meinte, an einen Leitartikel könne man sich nach 30 Jahren nicht mehr erinnern, an eine gute Karikatur allerdings schon. Peichl selbst stellt die Karikaturisten auf die Ebene von Aufdeckungsjournalisten, wenn nicht höher. Im „Kampf Print- gegen Digitalmedien“ prognostiziert er den Print- bzw. den Buchbereich als künftigen Sieger. Hier dürfte der „zeichnende Journalist“ (so seine Selbstbezeichnung) allerdings insofern irren, als Print- und Onlinemedien durchaus nebeneinander in einer Win-/Win-Situation weiterbestehen können. So ist die massenhafte Teilung von Zeitungs-Karikaturen auf Facebook nicht ganz unschuldig, dass deren Zeichner immer populärer werden. Auch und vor allem bei Nicht-Zeitungslesern...
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tsSLAueP (Montag, 22 August 2022 10:50)
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