2006 hat die EU eine Richtlinie beschlossen, aufgrund der Österreich verpflichtet worden ist, die sogenannte Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Zweck dieser Richtlinie war die Terrorismusbekämpfung und die Verhinderung von Attentaten. Für welche Delikte in Österreich dieses neue Instrument tatsächlich eingesetzt wurde, zeigt eine parlamentarische Anfragebeantwortung des Justizministeriums. Zwischen 1. April 2012, dem Inkraftreten der VDS in Österreich, und dem 31. März 2013 wurden 312 Anfragen getätigt, bei 161 erledigten Rechtssachen leistete die VDS einen Beitrag, und zwar u.a. bei "schwerstkriminellen" Delikten wie Diebstahl (16), Suchtmittelmissbrauch (12), Stalking (12), Betrug (7) und Raub (7). Keine Spur also von Aufdeckung rechts- oder linksradikaler Vereinigungen oder islamistischer Schläfer.
Rechtlich zulässig ist gemäß § 102 b Telekommunikationsgesetz die VDS bereits dann, wenn es um die Aufklärung einer Vorsatzstraftat mit Freiheitsstrafe von mehr als 1 Jahr geht. Provider sind verpflichtet, sämtliche Kommunikationsvorgänge via Telefon, Handy, E-Mail und Internet sechs Monate lang zu speichern. Ausgenommen ist nur der Inhalt. Bei Stamm- und Zugangsdaten (Benutzer, Telefonnummer, IP-Adresse) reicht ein begründetes Ersuchen der Staatsanwaltschaft oder der Kriminalpolizei, bei Verkehrsdaten, also wer mit wem wann und wie kommuniziert hat, ist zusätzlich eine richterliche Genehmigung erforderlich. Echte Profis lachen über derartige Verfolgungsstrategien und nutzen Telefonzellen, Wertkartenhandys oder Internet-Cafes. Unschuldige können aber durch zufällige Kontakte oder zufälliger Teilnahme an einer Veranstaltung (wie einer Demonstration) dadurch ins Kreuzfeuer der Justiz kommen.
Kein Wunder, dass aufgrund dieser massiven Einschränkung der Grundrechte der EUGH mit der VDS befasst wurde. Aufgrund von Klagen in Irland und Österreich leiteten deren Höchstgerichte ein Vorabentscheidungsverfahren ein. Der Generalanwalt veröffentlichte dieser Tage in einem (unverbindlichen) Schlussantrag, dass die VDS gegen das Grundrecht auf Datenschutz und Achtung des Privatlebens verstößt. Kritisiert wird auch die unverhältnismäßig lange Speicherzeit der Richtlinie von bis zu 2 Jahren. Eine direkte Aussetzung empfiehlt er allerdings nicht, das Urteil wird 2014 erwartet.
Es liegt hier aber an Österreich, selbstbewusst aggressiv aufzutreten und die sofortige Außerkraftsetzung der VDS zu verlangen, die verdachtsunabhängig die Daten unschuldiger Bürger filtriert. Aufklärung ist auch einzufordern vom US-Auslandsgeheimdienst NSA, der mittels spezieller Überwachungsprogramme wie Prism (illegale) Zugriffe auf Kommunikationsinhalte Bürgern aller Welt hat. Dass hier Österreich eine besondere Vorreiterrolle einnehmen wird, ist allerdings sehr zu bezweifeln. Immerhin hat man hier sogar Asyl für den Aufdecker dieser Machenschaften, US-Whistleblower Edward Snowden, abgelehnt...
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tsSLAueP (Montag, 22 August 2022 10:58)
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