Vorratsdatenspeicherung: Unverhältnismäßig, ineffektiv und grundrechtswidrig...

Noch nie wurde eine EU-Richtlinie gänzlich aufgehoben, bis zum 8. April 2014, als der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens die gesamte Richtlinie zur Vorratsdaten-speicherung für grundrechtswidrig befunden hat. Die Gründe reichten von Verstößen gegen das Recht auf Privatsphäre und den Datenschutz bis zu mangelnder Missbrauchssicherheit und vor allem Unverhältnismäßigkeit.

 

Österreich hatte die Vorratsdatenspeicherung – im Gegensatz zu Deutschland – im April 2012 eingeführt, u.a. durch nationale Regelungen im Telekommunikationsgesetz (§ 102 a), in der Strafprozessordnung und im Sicherheitspolizeigesetz. Provider sind seitdem verpflichtet, Vorratsdaten ihrer Kunden für 6 Monate zu speichern und sie auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft und nach richterlichem Beschluss den Sicherheitsbehörden zu übermitteln. Begrenzt wurden diese Ermächtigungen für Vorsatzdelikte mit Freiheitsstrafe über 1 Jahr. Ziel dieser Vorratsdatenspeicherung ist die Terrorismusbekämpfung und die Aufklärung schwerer Verbrechen.

 

Wie sehr dieses Ziel realisiert werden konnte, zeigte sich kürzlich bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem VfGH. Im Jahr 2013 wurden laut parlamentarischer Beantwortung von Justizminister Brandstetter insgesamt in 354 Fällen Vorratsdaten abgefragt. Darunter befanden sich "schwerstkriminelle" Delikte wie Diebstahl (113), Suchtgiftmissbrauch (59), Raub (52), Betrug, Stalking oder Urkundenunterdrückung. Nur bei 53,74 % der Fälle leistete die Vorratsdatenspeicherung einen Beitrag zur Aufklärung der Straftat, welchen, das konnte der Sektionschef des Justizministeriums, Christian Pilnacek, nicht detailliert erklären. Insgesamt gab es im Jahr 2013 546.396 strafrechtliche Anzeigen.

 

Rechtfertigen die obigen Fakten eine anlasslose Speicherung von Vorratsdaten innerhalb einer Frist von 6 Monaten ? Sie tun es natürlich nicht, was auch der EuGH in seiner Entscheidung dargelegt hat. Obendrein kann man der Vorratsdatenspeicherung ganz leicht entgehen, was man den Nachwuchsgaunern schon in der "Grundstufe" lernt: Wertkartenhandies verwenden, WLAN-Cafes aufsuchen, Telefonieren über Skype oder E-Mail-Messages versenden über ausländische Anbieter wie Hotmail, Yahoo oder Gmx.

 

Das verstehen sogar die Verfassungsrichter, die die Vertreter der Bundesregierung mit der süffisanten Frage "Und über das macht man sich keine Gedanken ?" ordentlich den Kopf waschen. Einzig allein der Herr Pilnacek versteht das nicht. Kein Wunder, dieser wollte eigentlich ursprünglich die Vorratsdatenspeicherung auf Tauschbörsennutzer ausdehnen. Anscheinend sein einziges legitimites Mittel gegen "Musikterror"...