Tag der offenen Tür bei Österreichs bereits 60jähriger Tageszeitung Kurier, und auf dem Programm standen nicht nur Buchpräsentationen, Kabarettauftritte und Literaturvorträge, sondern auch eine hochspannende Polit-Diskussion zur Wien-Wahl. Die nicht nur laut Kurier-Chefredakteur und Moderator Helmut Brandstätter trotz kontroverser Meinungen weit sachlicher ablief als erwartet.
Als erste im Veranstaltungszelt neben dem Kurier-Medienhaus fand sich Neos-Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger ein, die einen (vermutlich aussichtslosen) Kampf gegen das politische System und die Stillstandspolitik postuliert. Mit der ausdrücklichen Maxime "ohne Strache". Ob die Pinken die 5 %-Marke in Wien schaffen werden, bleibt abzuwarten, ihren Job als Nationalratsmandatarin hat die resolute Juristin allerdings bereits vorzeitig abgelegt.
Die Grünen wurden vertreten vom fachlich fundierten Landtagsabgeordneten Christoph Chorherr, der vor allem die Wohn- und Verkehrspolitik von Rot-Grün lobte. Es gebe hier in Wien keine Ghettobezirke und eine gute soziale Durchmischung, geförderte Wohnungen sollen allen offenstehen, über einen nachträglicher Förderausgleich könne man aber reden. Als besonderen Erfolg werterte Chorherr das 365-Euro-Jahresticket der Wiener Linien (statt vorher 449 Euro), das fast zu einer Verdoppelung der Bezieher führte.
Manko allerdings laut ÖVP-Spitzenkandidat Manfred Juraczka: Die 730 Millionen Euro, die die Stadt Wien jährlich an die Wiener Linien überweist. Der Wiener-ÖVP-Chef sieht sich als Patron der Autofahrer und ist entschiedener Gegner grüner Projekte wie der Autofreiheit von Durchzugsstraßen, der Mariahilfer Fußgängerzone oder den berühmt-berüchtigten Ampelmännchen. Zumindest bezüglich der Ausbau des U-Bahn- und Straßenbahnnetzes und schnellerer Intervallen bei der S-Bahn ist man einer Meinung.
Das echte Duell des 11. Oktober ist allerdings jenes zwischen der SPÖ und der FPÖ. Die Blauen wollen so stark wie möglich werden und das Rathaus im Stile direkter Demokratie bürgerfreundlicher machen. Der Vizebürgermeister in spe, Johann Gudenus, kritisiert im Kurier-Zelt die Rekordarmut, -arbeitslosigkeit und –verschuldung der Stadt und fordert eine Wohnbauoffensive in Wien: Wohnen sei in Wien aufgrund 30prozentiger Gebühren- und Betriebskostenerhöhungen unleistbar geworden. Mit einem Wahldebakel der SPÖ werde nicht nur die 21jährige Bürgermeisterschaft von Häupl enden, sondern auch die Ausgrenzungspolitik der Roten.
SPÖ-Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler sieht dies aufgrund der FPÖ-Inhalte naturgemäß anders. Er kündigt für die künftige 2 Millionen-Einwohnerstadt Wien eine Investitionsoffensive und einen Ausbau der Infrastruktur an. Bei einer Antwort auf die Frage nach möglichen Koalitionen sorgte er kurzzeitig für Schmunzeln: "Am besten kenn ma´s allan". Zumindest dieser Wahlausgang liegt außerhalb jeglicher Schwankungsbreite :-)
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tsSLAueP (Montag, 22 August 2022 11:29)
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