Nach Vorberatungen im Familienausschuss beschloss jetzt auch der Nationalrat mit den Stimmen der SPÖ, der ÖVP und des Team Stronach eine Reform des Kinderbetreuungsgeldes und den sogenannten „Papamonat“. Leider mit zahllosen Lücken, Kürzungen und Verkomplizierungen.
Für Geburten ab dem 1. März 2017 werden die bisher geltenden vier Pauschalvarianten des Kinderbetreuungsgeldes ersetzt durch ein sogenanntes „Kinderbetreuungsgeld“-Konto. Die jungen Eltern haben jetzt die Möglichkeit, die Bezugsdauer des KB-Geldes innerhalb einer bestimmten Zeitspanne flexibel zu wählen. Je nach Länge der Inanspruchnahme stehen zwischen 12.337 und 15.449 Euro (für beide Elternteile zusammen) bzw. monatlich zwischen 440 und 1.030 Euro zur Verfügung. Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, bei dem Eltern bis zu 12 bzw. 14 Monate 80 % ihres Letzteinkommens (mit Obergrenze bei ca. 2000 Euro monatlich) beziehen können, bleibt unverändert. Sogar das an sich „befreundete“ Sozialministerium deutet in einer Stellungnahme an, dass „nicht rechtskundige Eltern die Materie in ihrer Komplexität kaum durchblicken können“.
Ein Elternteil kann jetzt maximal 28 statt bisher 30 Monate Kinderbetreuungsgeld beziehen. Das bedeutet vor allem für Alleinerziehende, die am häufigsten mit Armut zu kämpfen haben, eine eklatante Schlechterstellung. Die leichte Erweiterung der "Härtefallregelung“ ist hier nur ein Tröpfchen auf dem heißen Stein. Die Bezugsdauer wird auch reduziert, wenn sich beide Eltern an der Kindererziehung beteiligen, und zwar von 36 auf 35 Monate.
Der einmalige Partnerschaftsbonus von je 500 Euro (bei Kinderbetreuung zumindest im Verhältnis 60:40) wird wohl kaum eine Änderung der Betreuungsverhältnisse nach sich ziehen. Mit Einbußen von jeweils 1300 Euro müssen Eltern rechnen, die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen versäumen.
Nicht verändert wurde die Bestimmung, wonach nur dann ein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld besteht, wenn Elternteil und Kind an derselben Adresse hauptwohnsitzlich gemeldet sind. Dies führte bereits zu zahllosen Rückforderungsansprüchen der Gebietskrankenkassen, obwohl eine Lösung dieses Problems einfach ist. Man könnte hier – wie bei der Familienbeihilfe – als Anknüpfungspunkt den „gemeinsamen Haushalt“ festlegen.
Die langjährige Forderung der FPÖ, die Dauer der arbeitsrechtlichen Karenz (von 2 Jahren) an die Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldes (inkl. Krankenversicherung) von 3 Jahren zu knüpfen, wurde wieder nicht in Betracht gezogen.
Auch die sogenannte „Familienzeit“ birgt nur Unsicherheiten. Väter haben ab März 2017 die Möglichkeit, innerhalb der ersten 91 Tage nach der Geburt eines Kindes 28 bis 31 Tage berufliche Auszeit für die Familie zu nehmen. Während dieses „Papa-Monats“ wird sogar eine finanzielle Unterstützung von 700 Euro gewährt. Klingt ja ganz nett, allerdings wird dieser „Bonus“ auf ein etwaiges späteres Kinderbetreuungsgeld des Vaters angerechnet. Es gibt weiters keinen Rechtsanspruch auf den Papa-Monat und keinen besonderen Kündigungsschutz. Bei Schwierigkeiten mit dem Arbeitgeber muss sich der glückliche Vater also mit Gleichbehandlungs-Juristen zusammensetzen anstatt mit dem Kinderwagen herumzukurven.
Eingeführt wurde das Kinderbetreuungsgeld im Jahre 2002. Seitdem hat es ca. 60 % des ursprünglichen Wertes eingebüßt. Eine Valorisierung wurde bei den monatelangen Gesetzesverhandlungen erneut abgelehnt. Ein Herz für Familien und Kinder – das sieht anders aus.
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tsSLAueP (Montag, 22 August 2022 12:01)
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