Pop-Rock, Electro & Blaskapellen: 60.000 Besucher beim Wiener Popfest auf dem Karlsplatz.

„Ein Lied über das (so wichtige) Brechen von Konventionen“ – So präsentiert David Öllerer seinen lässigen Gassenhauer „Heit grob ma Tote aus“ auf der Seebühne vor der Karlskirche. Das jung-urbane musikinteressierte Wiener Publikum singt bereits jetzt begeistert mit. Und bald vielleicht ganz Österreich (und Deutschland). Denn Voodoo Jürgens, so sein geniales Pseudonym, steht kurz vor seinem Karrieredurchbruch. Am 30. September erscheint das erste Album „Ansa Woar“ des in Tulln geborenen Liedermachers, der aber bereits viele Musik-Jahre lang mit der Indie Band Eternias in den Szene-Bars und Clubs tourte und im Vorprogramm von Pete Doherty rockte. Die subtilen Underground-Zeiten könnten bald vorbei sein. Insofern kann es keinen idealeren Opening-Act bei einem Festival geben, das neuen Künstlern, Bands und DJ´s eine massenkompatible und gleichzeitig alternative Plattform bieten soll.

 

Das Wiener Popfest findet 2016 bereits zum 7. Mal im Karlsplatz-Areal statt. Als Spielstätten fungieren nicht nur die Karlsplatz-Seebühne (mit der teichplantschenden Riesen-FM4-Ente dahinter) und der Red Bull Brandwagen vor der Karlskirche, sondern auch das Brut, der TU Prechtlsaal, das Heuer, das WienMuseum und das Roxy. Auf dem Line-Up 51 Acts, darunter 41 Premiere-Gäste. Selektiert vom „Falter“-Journalisten Gerhard Stöger (der auch für den „Wien Pop“-Szeneschmöker verantwortlich zeichnet) und die „Fijuka“-Protagonistin Ankathie Koi. 

 

Letztere zählte im Vorjahr noch zu den vielumjubelten Live-Acts auf der Seebühne und ließ sich auch dieses Jahr nicht lange für einen Mikro-Auftritt bitten. Gemeinsam mit „Minisex“-Legende Rudi Nemeczek und der Musikarbeiterinnen-Kapelle coverte sie Bilderbuchs Kult-Hit „Maschin“, gab dem Opus-Klassiker „Live is Life“ einen modernen swingigen Touch und „bolognisierte“ gemeinsam mit Clara Luzia und Rapperin Yasmo. So fanden indirekt mit Wanda und Bilderbuch auch zwei Bands Eingang in das Popfest, die aufgrund ihrer Popularität schon allein aufgrund der prognostizierten Besucheranzahl nicht mehr für ein Gratis Open-Air-Fest mehr gebucht werden können. Und deren Teilnahme ja eigentlich auch dem Zweck des Events, Newcomer zu pushen, widerspricht.

 

„Viele der Besucher sind sogenannte Laufkundschaft. Ein an sich schwieriges Publikum, das aber neuen Künstlern zu einem Karriere-Boost verhelfen kann“, so Festivalleiter Christoph Möderndorfer. Vielleicht lokal auch Bands, die sich international bereits einen Namen gemacht haben. So wie dem am Donnerstag lautstark aufspielenden Stone Rock-Duo White Miles aus Tirol, das bis dato vorwiegend nur im Ausland tourte und in Österreich erst durch den „Bataclan“-Terroranschlag in Paris bekannt wurde. Medina Rekic und Hansjörg Loferer verließen dort als Vorgruppe der „Eagles of Death Metal“ gerade den Hintereingang, als Terroristen den Veranstaltungssaal stürmten. Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen beim Popfest wurden übrigens seitens der Veranstalter abgelehnt. Es handle sich hier um öffentlichen Raum, und „Angst sei der größte Feind der Demokratie“.

 

Und die Angst war schlussendlich auch unbegründet: 60.000 (friedliche) Besucher, italienische Dolce Vita-Atmosphäre rund um den Karlsplatz-Teich, heiße Konzerte vor der Seebühne mit White Miles, Leyya oder Ogris Debris, hippe Live-Sets beim Red Bull Brandwagen mit der Linzer Hip Hop-Neuentdeckung Mavi Phoenix, dem Techno-Vintage Duo Austria Apparel oder den Neo-Punkern Crystal Soda Cream und brütend heiße Auftritte von Schmieds Puls, Mynth und „Das Trojanische Pferd“ im Brut. Die österreichische Szene lebt, innovativer, spannender und vielfältiger denn je. Wir freuen uns bereits auf das nächste Popfest 2017.

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