Die Kuratoren des diesjährigen Popfests kommen aus zwei verschiedenen Ecken. Auf der einen Seite Ö3-Moderator, Songcontest-Berater und "Austrozone"-Scout Eberhard Forcher, auf der anderen Seite die Underground-Künstlerin und Medienwissenschaftlerin Ana Threat. So ambivalent und vielfältig gestaltete sich auch das bunte Programm des viertägigen Festivals am Karlsplatz.
Bluatschink aus dem Lechtal eröffneten am Freitag mit ihrer Art von "Heimat- und Volksmusik" den Reigen der Live-Auftritte auf der Seebühne, bevor die in Wien ansässige Tini Trampler mit ihrem dreckigen Orchester stimmungsmäßig in den Chanson-Folklore-Bereich abdriftete. Einer der Protagonisten des ersten Popfests 2010, der Nino aus Wien, sorgte mit seiner Band für einen Massenansturm im Festivalareal und präsentierte eine unterhaltsame, mit vielen witzigen Bonmots („Wann wird endlich der Tony Wegas eingeladen? Man sollte ihm das mit der Handtasche endlich verzeihen!“) unterlegte, 90 Minuten-Show mit all seinen genialen Kompositionen vom "Oasch" bis hin zum "Praterlied" und seinen neuen pop-angehauchten Tracks wie "Coco Bello" oder "Tränen machen wach". Ursprünglich aus dem Indie-Bereich stammend, könnte dem Elektronik-Duo "Lea Santee" das glückselige Schicksal von Leyya "drohen". Lea Stöger und Produzent Manuel Hosp haben das Potential für eine internationale Karriere, das bezaubernde "Rollin" gehört wohl zu den innovativsten Austro-Songs der letzten Jahre.
Keine Angst vor bösen Worten haben die Linzer NDW-Epigonen Flut. Das Falco-Tribute auf der Donauinsel sei "Kacke" gewesen, ihre Version von Falcos Berlin-Klassiker "Auf der Flucht" klingt tatsächlich gefälliger als so manches Insel-Cover. Eberhard Forcher sei schon immer sein Förderer gewesen, so Ex-Songcontest-Letzter Lukas Plöchl, jetzt mache er laut seiner Diktion authentische Musik und hat im Repertoire auch noch einige Apres-Ski-Mitgröhler wie "Abriss Austria". Songs wie "Stadt, Land, Fluss" zeigen aber die Wandlung von Plöchl zu Wendja, seinem ursprünglichen chinesischen Namen, was so viel heißt wie "Beste Sprache". Forcher und den vielen jungen Besuchern im TU-Prechtlsaal hat die schweißtreibende, mitreißende Show mit subtilem Understatement ("Mut zur Hässlichkeit") gefallen.
Rund 60.000 Fans visitierten 4 Tage lang die 60 Musik-Acts des Wiener Popfests. Bier, Spaß, Flirten und Chillen inklusive. Die seltsame Kritik gewisser Qualitätsmedien gegenüber der "niederschwelligen Gratiskultur" wurde bereits von vielen Seiten abgeschmettert. Wir lassen hier noch den Ernst Molden sprechen: "Wenn unlängst in der Presse gestanden ist, dass die Gratisfeste den Musikern schaden, ist das nicht nur garstig, sondern auch noch ein totaler Blödsinn. Allen meinen Freunden, die am Popfest gespielt haben, hat es etwas gebracht. Am Popfest verliebst du dich in eine Band, den Hof machst du ihr dann am nächsten „normalen“ Konzert!" In diesem Sinne - Wir freuen uns bereits auf die Rückkehr der FM4-Ente im Sommer 2018.