Man hört sie heute noch von Taxifahrern bei der Heimfahrt von den Clubs: Geschichten über Party-Touristen, die per Flugzeug anreisten und - ohne Hotel - aufgeputscht von Drogen tage- und nächtelang durchmachten und durchtanzten. Es war auch die wilde Zeit des "Space", das als After-Hour Epizentrum nahe der Playa den Bossa den "3 Tage Wach"-Party People die heißen technoiden Morning Hour-Beats frei Dancefloor lieferte. Solange die Reise nicht im Krankenhaus endete – und das tat sie häufiger als publiziert – wurde mit sunglasses-verdeckten weiten Pupillen weitergeshakt am Bora Bora Beach. Nicht wenige verwechselten die Autobahn mit einem Fußweg und wankten mit dem Koffer – neben den rasenden Autoboliden – zum Flughafen. Derartige Situationen kommen auch heute noch vor (wie selbst beobachtet), allerdings mit einer weit geringeren Wahrscheinlichkeit.
Die (offiziellen) After-Hours wurden von der ibizenkischen Regierung verboten, seit einigen Jahren müssen die Clubs um 6 Uhr zusperren. Auch der Bora Bora Beach-Sound beschallt erst am Nachmittag die Techno Clubber. „Die Party-Touristen sollen sich ausschlafen und sich zumindest nicht 24 Stunden mit legalen oder illegalen Drogen aufputschen.“, so der von der „Szene“ nicht gerade begeisterte Taxifahrer.
Die Rechnung ging auch auf: Weniger Rettungseinsätze, weniger Polizei an den Stränden und eine deutliche Attraktivierung der Strände für Familien. Die gewieften Disco-Betreiber entdeckten gleichzeitig eine neue Geldquelle, die kostenpflichtigen Pre-Parties vor Mitternacht. Klare Nr. 1 auf der La Isla Blanca ist das Ushuaia, das 2011 aus einer Transformation eines mittelklassigen Fiesta-Hotels entstanden ist.
In diesem Areal rund um einen Swimmingpool finden täglich von 17 bis 24 Uhr Dance-Events der Sonderklasse statt. Superstars wie David Guetta, Alesso, Diplo, Martin Garrix oder Kygo geben sich hier die Klinke in die Hand und sorgen, unterstützt von bombastischen Light- und Rauchshows, für eine exzessive Party-Atmosphäre. Der Eintritt: 55 Euro, die Drinks sündteuer, ein Mineral oder ein Bier bekommt man nicht unter 15 Euro. Die Superreichen oder die, die diesen Status zumindest vortäuschen wollen, blicken von ihren Hotelbalkonen ehrwürdig auf die Crowd.
Geführt wird das Ushuaia von Abel Matutes Prats, Sohn des ehemaligen spanischen Außenministers und früheren Bürgermeisters von Ibiza. Letzterer, Abel Matutes Juan, gilt in Ibiza als widersprüchliche Persönlichkeit und wird gerne auch als „Tony Sopranos von Ibiza“ bezeichnet. Er ist an zahlreichen Firmen im Baustoff- und Getränkebereich beteiligt und Besitzer der Fiesta Hotel-Gruppe. Verantwortlich war er auch für den Bau der Autobahn zwischen dem Flughafen und Ibiza-Stadt, bei dem er sich über die Proteste zahlreicher Umweltaktivisten und Inselbewohner hinwegsetzte.
Die Ushuaia-Parties direkt an der Playa den Bossa gelten als Erfolgsprojekt, heftig kritisiert werden allerdings – auch von DJ´s (die davon profitieren) – der finanzielle Ausverkauf der Szene und die „V.I.P.-isierung“ der Insel. „Früher waren alle Gäste VIP´s“, so ein Ibiza-Insider der alten Schule. Man sollte sich dieser Gedanken besinnen und wieder mehr auf alte Werte setzen.