Ein langer Weg zur Gleichstellung: Von der eingetragenen Partnerschaft zur Ehe für alle!

In Deutschland wurde die „Ehe für alle“ mit 1. Oktober 2017 durch den Bundesrat gesetzlich legitimiert, in Österreich traf diese Entscheidung der Verfassungsgerichtshof aufgrund einer Beschwerde fünf gleichgeschlechtlicher Paare mit Kindern, die von Rechtsanwalt Dr. Helmut Graupner vertreten wurden. 

 

Dieser erkannte, dass jene Bestimmungen des § 44 ABGB und des EPG, die auf „verschiedene Geschlechter“ abzielen, gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen und daher verfassungswidrig sind. Diese Entscheidung beruht auf der jüngsten Rechtsentwicklung, aufgrund der Homosexuelle auch Kinder adoptieren und die zulässigen Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung nützen können und somit eine weitgehende rechtliche Gleichstellung besteht. 

 

„Die diskriminierende Wirkung zeigt sich darin, dass durch die unterschiedliche Bezeichnung des Familienstandes („verheiratet“ versus „in eingetragener Partnerschaft lebend“) Personen in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft auch in Zusammenhängen, in denen die sexuelle Orientierung keinerlei Rolle spielt und spielen darf, diese offenlegen müssen und insbesondere auch vor dem historischen Hintergrund, Gefahr laufen, diskriminiert zu werden“, so einer der schlüssigen Sätze im VfGH-Erkenntnis.

 

Österreich, das bis 1971 Homosexualität unter gerichtliche Strafe stellte, zählt sicher nicht zu den liberalen Vorreitern Europas. In den Niederlanden gibt es seit 2001 bereits die Ehe für alle, in Deutschland zumindest die eingetragene Lebenspartnerschaft. In Österreich wurde das „Gesetz über die eingetragene Partnerschaft“ im Dezember 2009 vom Nationalrat beschlossen. Seit 1. Jänner 2010 können sich Homosexuelle somit verpartnern. 

 

Im September 2011 wird die unterschiedliche Ausgestaltung von Doppelnamen bei Ehe und Eingetragener Partnerschaft (mit bzw. ohne Bindestrich) als verfassungswidrig erklärt. Gleichgeschlechtliche Paare genießen ab sofort den verfassungsgesetzlichen Schutz der Familie. Eine gleiche Zeremonie bei der Eheschließung garantiert ein VfGH-Urteil im Dezember 2011. 

 

Im Dezember 2013 hat der VfGH die gesetzliche Beschränkung der medizinisch unterstützten Fortpflanzung auf verschiedengeschlechtliche Ehen und Lebensgemeinschaften aufgehoben. Im Jänner 2015 wurde das FortpflanzungsmedizinrechtsänderungsG beschlossen, das lesbischen Paaren die Elternschaft mittels Samenspende ermöglicht. Ausgeschlossen bleiben schwule Paare und alleinstehende Personen, Leihmutterschaft ist daher in Österreich rechtlich nicht zulässig.

 

Im Februar 2013 urteilt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass das Verbot der Stiefkindadoption bei gleichgeschlechtlichen Paaren gegen die EMRK verstößt. Bereits im August wird dieses Urteil durch das Adoptionsrechts-Änderungsgesetz umgesetzt. Begleitgesetze vermindern die Unterschiede zwischen Ehe und Eingetragener Partnerschaft auf 40.

 

Ebenfalls initiiert durch Rechtsanwalt Dr. Helmut Graupner, hebt im Dezember 2014 der VfGH das Verbot der gemeinsamen Adoption durch gleichgeschlechtliche, eingetragene Paare auf. Seit 2016 können sich somit auch homosexuelle Paare um ein Kind bewerben. Das Wohl des Adoptivkindes steht dabei im Mittelpunkt. Die Bewerber werden unabhängig vom Geschlecht genau überprüft und müssen auch einen Vorbereitungskurs absolvieren.

 

Seit dem 1. April 2017 werden eingetragene Partnerschaften wie Ehen am Standesamt geschlossen. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen einen Familiennamen tragen.

 

Die völlige Gleichstellung zwischen Hetero- und Homosexuellen tritt mit 1. Jänner 2019 in Kraft. Ab diesem Datum steht die eingetragene Partnerschaft (mit Vertrauensbeziehung statt Treuepflicht, kürzeren Scheidungsfristen und geringeren Unterhaltspflichten nach der Auflösung) auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen, falls der Nationalrat das Gesetz mit einfacher Mehrheit nicht aufhebt. 

 

Eine Rückabwicklung der „Ehe für alle“ dagegen erscheint nahezu ausgeschlossen. Die notwendige 2/3-Verfassungsmehrheit wird derzeit im NR-Plenum nicht erreicht, und zusätzlich ist die gleichgeschlechtliche Ehe durch das VfGH-Erkenntnis höherwertig abgesichert. Ein anderslautendes Verfassungsgesetz würde mit hoher Wahrscheinlichkeit beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgehoben werden. Die Pink Community kann sich über ein unerhofftes Weihnachtsgeschenk freuen!