Es war im Jahr 1993. Die Cranberries waren gerade auf England-Tour, als ein grauenvoller Terroranschlag der IRA in Warrington zwei Kinder tötete. Die zart besaitete, streng gläubige Sängerin Dolores O´Riordan schrieb über diesen Vorfall einen Song mit Zeilen wie "When the Violence causes silence, we must be mistaken" oder dem hypnotischen Refrain "In your head, in your head, Zombie!"
Ein radikaler Aufschrei gegen den Nordirlandkrieg, der seit dem (gescheiterten) Osteraufstand 1916 kein Ende findet und das Leben vieler Familien und Zivilisten zerstört hat, die mit dieser sinnlosen Fehde gar nichts zu tun haben. "Zombie" stürmt Ende 1994 - inmitten von Eurodance-/Technokapriolen und alternativer Grunge-Melancholie - weltweit die Charts und wird zu einem der größten und anspruchsvollsten Hits der 90er.
Für die Cranberries bedeutete dies einerseits den Durchbruch, andererseits – ähnlich wie bei vielen anderen Bands und Künstlern –auch die bitteren Erkenntnis, dass man diesen Gipfel nur einmal erklimmen könne. Begonnen hat die Karriere der irischen Band Anfang der 90er, als O´Riordan bei der Limericker Männer-Formation einstieg und nach einigen Demo-Präsentationen mit dem romantisch-verträumten Track „Linger“ die Charts stürmte.
Auch das erste Album mit dem kongenialen Titel „Everybody else is doing it, so why can´t we“, musikalisch eine Mixtur aus Indie-Pop und Irish-Folk, begeisterte sowohl westlich als auch östlich des Atlantiks und enthielt mit „Dreams“ einen weiteren Single-Hit. Der Erfolg des zweiten Albums „No need to argue“ mit dem progressiv arrangierten Superhit „Zombie“ war vorprogrammiert,die Live-Konzerte danach meist ausverkauft, auch wenn die weiteren Alben nicht mehr dieselbe Resonanz erzielten.
2003 löste sich die Band – nach 38 Millionen verkauften Platten – auf. Dolores O´Riordan wurde Mutter dreier Kinder, mit dem Vater Don Burton, dem ehemaligen Tour-Manager von Duran Duran, war sie bereits seit 1994 verheiratet. Die Solo-Produktionen waren eher mäßig erfolgreich, O´Riordan hatte allerdings die Ehre, mit Luciano Pavarotti „Ave Maria“ für den Film „Passion Christi“ zu produzieren. Die Reunion der Cranberries zeichnete sich bereits durch Live-Konzerte und Video-Teaser ab, das Comeback-Album „Roses“ mit der Single „Tomorrow“ erschien aber erst 2012. 2017 veröffentlichte die Band in Zusammenarbeit mit dem Irish Chamber Orchestra das Album „Something Else“, darin enthalten neu arrangierte alte und drei neue Songs. Innovative Wege beschritt Riordan 2016 gemeinsam mit dem Smiths-Bassisten Andy Rourke, „Science Agrees“ unter dem Pseudonym D.A.R.K. verharrte aber im Underground-Status, vielleicht auch gewollt.
Vor einigen Tagen flog Dolores O´Riordan nach London, um neue Tracks aufzunehmen. Am 15. Jänner wurden die Medien informiert, dass sie mit 46 gestorben sei. Ohne nähere Details. Die Ehe mit Burton war geschieden, manche Zeitungen sprechen von manischer Depression, die Riordan schon längere Zeit belastet.
Was genau vorgefallen ist, ist schwer zu ergründen und auch für Außenstehende nicht relevant. Ihr wichtigstes Vermächtnis „Zombie“ dagegen sollte weit in die Zukunft hinaus als Mahnmal positioniert werden: gegen Krieg, gegen Gewalt, gegen Hetze, gegen Hass und auch gegen die eigenen Dämonen. Da verzeiht man dann auch den musikalischen Einsatz bei diversen Retro-Clubbings.