Österreich ist das viertreichste Land der EU, und trotzdem sind ca. 1,5 Millionen Menschen armutsgefährdet. Zu dieser Gruppe zählen vor allem die 300.000 Alleinerziehenden, zu 90 Prozent Frauen, von denen mehr als die Hälfte nur schwer ihren Lebensunterhalt bestreiten kann. Die neue Bundesregierung wird nach aktuellem Stand deren Lage nicht verbessern.
Der geplante Familienbonus entlastet zwar Teile des Mittelstandes und die reiche "Oberschicht". Ein Drittel der Familien allerdings, die aufgrund ihres geringen Einkommens keine Lohnsteuern zahlen, profitiert davon nur in geringem Ausmaß. Wenig verdienende Alleinerziehende erhalten ein lächerliches Almosen von 250 Euro jährlich, Top-Manager dagegen werden pro Kind um 1500 Euro jährlich entlastet. Die, die das Geld brauchen würden für Wohnen, Heizen und Bildung ihrer Kinder, haben keinen sinnvollen, finanziellen Nutzen, während die so called-"Leistungsträger" mit der steuerlichen Entlastung Luxusurlaube buchen können.
Keine Fortschritte gibt es auch beim Unterhaltsvorschuss. Obwohl im Jahr 2016 134 Millionen Euro an insgesamt 49.889 Kinder überwiesen wurde, weist das UVG zahlreiche Lücken auf, die betroffene Mütter und Väter an den Rand ihrer Existenz bringen. So wird nach geltendem Recht Unterhaltsvorschuss nur dann gewährt, wenn ein vollstreckbarer Exekutionstitel gegen den Unterhaltsschuldner besteht und dementsprechend Rückzahlungen zu erwarten sind (deren Quote derzeit um die 60 % ausmacht). Prozessrechtliche Änderungsanträge des Unterhaltsschuldners auf Herabsetzung führen zu einer sofortigen Minderung der Auszahlung. Ein Mindestbetrag ist nicht gesetzlich normiert. Der Unterhaltsvorschuss ist außerdem mit dem 18. Lebensjahr begrenzt, sodass Schüler mit längerer Ausbildungsphase und Studenten davon ausgeschlossen sind.
Vorschläge zur Novellierung dieser vor allem für alleinerziehende Mütter finanziell so heiklen Materie liegen vor und sind auch Bestandteil des aktuellen Frauenvolksbegehrens. Die Proponenten fordern einen existenzsichernden staatlichen Unterhaltsvorschuss, dessen Höhe sich nach angemessenen Regelbedarfssätzen richtet und der bis zum Erlöschen der Familienbeihilfe ausbezahlt wird. Der Anspruch soll unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bestehen.
Für die Legisten ist die Ausarbeitung eines derartigen Gesetzesvorschlages ein Kinderspiel. Es darf aber bezweifelt werden, ob die schwarz-blaue Bundesregierung den Willen dazu aufweist. Es zählt ja schließlich der vermeintliche Leistungsgedanke und nicht die soziale Not der bedürftigen Familien.