Am 18. Mai 1980 beging der an Epilepsie leidende Joy Division-Sänger Ian Curtis Selbstmord und hinterließ nicht nur seine Familie und Freunde, sondern auch seine Band. Das erst zweite, post punk-angehauchte Album "Closer" und die Single "Love will tear us apart" stürmten nach seinem Tod die Charts. Die Band ging neue Wege und transformierte zu "New Order". "Blue Monday" wurde zur meistverkauften Vinyl-Maxi-Single aller Zeiten, aufgrund seiner aufwändigen Floppy Disc-Verpackung allerdings zu einem Verlustgeschäft.
So ist es eigentlich nicht weiter verwunderlich, dass 35 Jahre später die (Fast)-Original-Band - nur Bassist Peter Hook ist nach einem Trennungszwist 2007 nicht mehr dabei - wieder auf extravaganten, innovativen Spuren wandelt. (No, 12k, Lg, 18 WfW) - "So it goes" nennt sich das Projekt, das New Order gemeinsam mit dem New Yorker Künstler Liam Gillick im Rahmen der Wiener Festwochen präsentieren. Das Wiener Museumsquartier ist nach Manchester und Turin erst die dritte Location, in der dieses Event veranstaltet wird.
Die seltsamen Hieroglyphen sind leicht erklärt. "We decided to use two titles: ‘So It Goes’ and an equation. A spoken title and a visual title. ‘So It Goes’ refers to the TV show Joy Division first appeared on and the equation is a representation of the self-imposed complexity of our working relationship. The sum of “us” is this equation." so Visualist Gillick.
No steht dabei für New Order, bestehend aus Sänger Bernard Sumner, Keyboarder Gillian Gilbert, Schlagzeuger Stephen Morris, Gitarrist Phil Cunningham und dem neuen Bassisten Tom Chapman, der "Hooky" brillant ersetzt. Lg steht klarerweise für Liam Gillick, der eine Rauminstallation, bestehend aus 12 Kabinen in 2 übereinandergelagerten Reihen, konzipiert hat. In diesen befinden sich 12 Keyboarder (12k) aus dem renommierten Manchester Royal Northern College of Music, die New Order auf der „Main Stage“ mit ihren Synthi-Beats begleiten. Das Visual-Programm von Gillick umfasst nicht nur zahlreiche Lichteffekte in allen Farben, sondern auch das soundkompatible Schließen und Öffnen der Kabinenjalousien.
Apropos Sound. Eine Greatest Hits-Setlist bieten New Order bei diesem Projekt nicht an, eher eine persönlich-subtile Mixtur aus Raritäten, neuen Tracks und 80er-Underground-Hits. „There will be no Blue Monday, no Love Will Tear Us Apart. It’s good to do something different at all because that is what we were like when we started, just hopefully not so much chaos.”, so Sumner.
So hört man im fast ausverkauften Wiener Museumsquartier u.a. the 2005er-Single „Guilt is a Useless Emotion“, „Ultraviolence“ aus New Orders Erstwerk „Power, Corruption & Lies“ oder den treibenden Disco-Stomper „Plastic“ aus ihrer letzten CD „Music Complete“. Schweißüberströmtes Tanzen ist vor allem im mittleren Drittel mit Tracks wie „Bizarre Love Triangle“, „Subculture“ (mit den eingängigen Lyrics „One of these days you´ll go back to your home, you won´t even notice that you are alone“) oder „Shellshock“ angesagt.
Tribute leisten New Order auch ihrer durch traurige Umstände zerrütteten Original Band Joy Division mit neuen Versionen von „Disorder“„Heart and Soul“ und „Decades“. Letzterer ist nicht nur Abschluss-Track ihres zweiten Albums „Closer“, sondern auch Finale einer beeindruckenden Show abseits von Mainstream, Retro-Kitsch und Kommerz.