"Überall triumphierte die Mittelmäßigkeit über den Künstler. Ein Leben der Enttäuschungen." So der Architektenkollege und Kulturpublizist Adolf Loos 1911 über Otto Wagner. Er bezog sich dabei auf die zahlreichen Entwürfe, Pläne und Visionen des 1841 in Wien-Penzing geborenen Architekten, die aufgrund traditioneller Vorstellungen, aber auch höchster politischer Machtspiele und Intrigen niemals verwirklicht wurden.
Bestes Beispiel: Die immer wieder überarbeiteten Pläne Wagners für ein pompöses Stadtmuseum mit einer Neustrukturierung des Karlsplatzes und einem Monumentalbrunnen. Erbaut wurde dieses als "Wien Museum" erst in restriktiver Form im Jahre 1959. Zum 100. Todestag am 11. April 1918 gedenkt man dort dem schöpferischen Werk des renommierten Architekten, Professors der Akademie der bildenden Künste und Stadtmetropolenvordenkers. Es handelt sich dabei um die erste Ausstellung über Otto Wagner seit 1963 (!), die - übersichtlich gegliedert in Stationen seines Lebens - im 1. Stock des Museums noch bis 7. Oktober 2018 zu sehen ist.
Dass sich die Wiener für ihre eigene Geschichte - und die hat Otto Wagner mit seinen Bauten und Visionen maßgeblich mitgeprägt - interessieren, zeigen die sensationellen Besucherzahlen. Mehr als 80.000 Menschen visitierten bereits die Wagner-Ausstellung, die damit - vor der "Sex in Wien"-Ausstellung - die erfolgreichste des Hauses ist.
Viele der über 500 Exponate stammen direkt aus dem Wien-Museum. Dazu zählen exklusive graphische Entwürfe des Künstlers, Fotos aus der "Secessions"-Ära, eine Dia-Präsentation seiner bekanntesten Bauten (wie den "Wienzeilenhäusern" oder dem Ankerhaus am Graben) und lebensgroße Modelle der Kirche am Steinhof mit ihrer goldenen Kuppel oder der Stadtbahnbögen. Das Stadtbahn-Konzept hat Otto Wagner um die Jahrhundertwende erstellt, architektonisch wurden diese erst ab den 60ern geschätzt und stehen heute unter Denkmalschutz. Kein Förderer Wagners war auch der Thronfolger Franz Ferdinand, der zahlreiche Projekte des progressiven Architekten vereitelt hat. So auch den Bau seines "Kriegsministeriums"-Entwurfs an der Ringstraße. Als "Revance" residiert zumindest heute direkt gegenüber eines seiner phänomenalen Hauptwerke: Die Postsparkasse.
Als letzte Station vor dem Ausgang zeigen die Kuratoren ein großes Modell des Stadtmuseums, wie es Otto Wagner einst geplant hat. Tatsächlich wird das Wien Museum ab Anfang Februar 2019 wieder umgebaut. Kosten: 108 Millionen Euro, voraussichtliche Fertigstellung 2022. Im Mittelpunkt steht dabei ein schwebender Neubau, der das denkmalgeschützte Alt-Gebäude umschließt. Dazu ein Dachgeschoß für Sonderausstellungen und eine öffentliche Terrasse mit Blick auf den Karlsplatz. Hätte Wagner vermutlich gefallen...