"Die Kurzform von vielen war: Als Kinder mochten wir euch, zehn Jahre später haben wir euch verstanden." EAV-Mastermind Thomas Spitzer im Originalton anlässlich der Veröffentlichung des neuesten Albums "Alles ist erlaubt".
In dieselbe Kerbe stößt auch Austropop-Kollege und Freund Joesi Prokopetz bei seiner Laudatio im Rahmen der Vernissage von Thomas Spitzers Ausstellung "Rockomix ein Leben lang" im Karikaturmuseum Krems. Texte wie "Da im Disco Stadl regiert der Furchenadel, und der Landmann schwingt sein strammes Wadl" oder "Mit einem Wort, die Lage ist fatal. Da hilft nur eins: ein Banküberfall!" seien in ihrer sarkastischen Treffsicherheit einfach genial. Dass ein Künstler wie Spitzer aber manchmal stolzer ist auf die weniger kommerziellen Reime in seinem Oeuvre, liege in der Natur der Sache.
Nicht erschienen bei der Ausstellungseröffnung ist der in Kenia weilende EAV-Sänger Klaus Eberhartinger. Stattdessen präsentierten die Gründungsmitglieder Eik Breit und Nino Holm gemeinsam mit Heinz Jiras als "Wiener Blues" die 80er-Säuferhymne "Morgen fang ich ein neues Leben an". Und auch ein junger Wilder der österreichischen Szene durfte ran: Lemo schlüpfte, begleitet von Spitzer an der Gitarre, bei der an Don Quichote angelehnten Single "Gegen den Wind" und dem Album-Track "Am rechten Ort" in die Rolle des EAV-Frontmans. Gesichtet unter den Gästen ein anderer ehemaliger Sänger der Ersten Allgemeinen Verunsicherung - sic est - Gert Steinbäcker von STS. Und die junge Freundin Spitzers, Nora Tietz, die als Kuratorin die vielzähligen Grafiken und Karikaturen selektierte.
Die EAV feiert dieses Jahr das 40. Bandjubiläum. Noch länger als Texter, Komponist und Gitarrist der Musikcombo ist Spitzer als Karikaturist tätig. Der 1953 in Graz geborene Steirer lernte auf der HTL Ortweinplatz den Beruf eines Grafikers und schloss später als Mag. Art. erfolgreich sein Studium an der Hochschule für angewandte Kunst ab. Bereits zuvor betätigte er sich beim Grundwehrdienst als Hobby-Cartoonist, indem er die Rechte der Soldaten grafisch in Szene setzte. Frühe Comics Spitzers finden sich auch in der Kremser Ausstellung, Themen oft das Landleben, die Saufkultur oder auch die Heldenverehrung in Österreich am Beispiel Franz Klammers.
Natürlich sind auch die zahlreichen Auszeichnungen und Merchandising-Artikel der Band Bestandteil der Ausstellung: Die vielen Goldenen Schallplatten - die EAV hat im deutschsprachigen Raum mehr als 10 Millionen Tonträger verkauft - die LP- und Maxi-Single-Cover, Autogrammkarten, Plakate, eine Video-Bandhistory, kantige Text-Zitate, die Lieblingsgitarre Spitzers und natürlich die aus seiner kreativen Feder stammenden Comic-Helden Neppomuk oder Punkuin. "Küss die Hand, schöne Frau", you remember. 1992 verliebte sich Spitzer in seine nunmehrige Wahlheimat Kenia, in der die Band auch ein Studio errichtete. Aus dieser Inspiration heraus entstammen zahlreiche Grafiken Spitzers, die in provokativer Art und Weise den Sextourismus in Afrika kritisieren. Zu sehen in einem Spezialraum des Karikaturmuseums Krems.
Populär war die Erste Allgemeine Verunsicherung bereits vor ihrem kommerziellen Durchbruch in linksliberalen Kreisen. In Berliner Clubs wie dem "Quartier Latin" in der Potsdamer Straße waren ihre Auftritte schon Anfang der 80er ausverkauft. Politik war und ist - trotz (vermeintlicher) Blödel-Songs immer Thema der Band. Obwohl dies laut Spitzer sowohl textlich als auch grafisch immer schwieriger wird. Denn: "In dieser Welt gibt es nichts mehr zu überzeichnen. Jeder Politiker ist eine Karikatur, die ich nicht mehr erhöhen kann. Und mittlerweile kann jeder Politiker lügen, alles ist erlaubt." Klarerweise finden sich trotzdem scharfe Cartoons gegen Rechtspopulisten und autoritäre Machthaber a la Trump, Putin und Salvini im Ausstellungsraum, plus die wieder von ihm grafisch umgesetzten Songs aus dem neuen EAV-Album. Bestes Beispiel: "Rechts 2/3, das Volk sind wir, groß ist der Flüchtlingsschock, Rechts 2, das Land braucht einen Sündenbock!"
Thomas Spitzers Ausstellung "Rockomix ein Leben lang" ist noch bis 10. Februar im Karikaturmuseum Krems zu sehen. Bereits am 3. Februar startet die große Abschiedstournee der EAV, viele Termine sind bereits jetzt ausverkauft.
http://www.eav.at/konzerte/2019