Es sind schockierende Zahlen, die 2017 seitens der Johannes Kepler-Universität (JKU) Linz über die Vermögenskonzentration in Österreich präsentiert wurden. So verfügt das reichste Prozent der privaten Haushalte über 40,5 Prozent des gesamten Nettovermögens (534 Milliarden Euro). Zum Vergleich: 90 Prozent der Bevölkerung besitzen nur ein Drittel des Gesamtvermögens (34,2 Prozent).
Angesichts von 1,5 Millionen armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Personen (inkl. 324.000 Kindern) und zahlreichen weiteren Engpässen im Sozialwesen, der Pflege, Bildung und Infrastruktur stellt sich daher nicht die Frage, ob Vermögens- und Erbschaftssteuern eingeführt werden sollen, sondern wann.
Das Argument, dass wir ohnehin eine hohe Steuerbelastung haben, geht komplett ins Leere. Die (zuletzt gesunkene) Steuerquote beträgt zwar 41,8 Prozent (OECD-Platz 7), allerdings resultiert diese vorwiegend aus der Besteuerung des Faktors Arbeit.
Betrachtet man dagegen die Vermögensbesteuerung, dann können sich die einheimischen Reichen ins Fäustchen lachen. Der Anteil der Vermögenssteuern (= Abgaben auf Kapital, Grund und Boden, Erbschaften) beträgt in Österreich nur 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, der OECD-Schnitt liegt bei 1,9 Prozent. Würde Österreich diesen Durchschnittswert anstreben, dann hätte die Alpenrepublik sofortige Mehreinnahmen von 4,8 Milliarden Euro.
Auf ähnliche Zahlen kommt auch die Kepler-Universität Linz. Bei einem Modell mit einem Freibetrag von 1 Million Euro und Steuersätzen von 0,7 Prozent (zwischen 1 und 2 Millionen Euro), 1 Prozent (zwischen 2 und 3 Millionen Euro) und 1,5 Prozent (ab 3 Millionen Euro) ist mit einem Aufkommen von 5,7 Milliarden Euro zu rechnen. Betroffen wären dabei nur 4-5 Prozent der Haushalte, sodass sich die meisten Eigentumswohnungs- und Luxusautobesitzer bzw. Sparbuch- und Aktieninhaber keine Sorgen machen müssen, dass sie hier zur Kasse gebeten werden. Ausweichreaktionen seitens der Reichen gelten als unrealistisch, da der überwiegende Teil des Privatvermögens aus Groß-Immobilien besteht.
Auch eine Erbschafts- und Schenkungssteuer für Reiche sollte - bei gleichzeitiger steuerlicher Entlastung der Arbeitnehmer und Kleinunternehmer - so schnell wie möglich wiedereingeführt werden. Aufgehoben vom VfGH vor 10 Jahren scheitert eine Neu-Konzeption an der ÖVP, der FPÖ (die sich ungeniert auch noch als "Partei des kleinen Mannes" positioniert) und den Großkapitalisten, die gezielt die Bevölkerung desinformieren.
Vorbild für eine Neuregelung könnte beispielsweise Deutschland sein, wo im Jahr 2015 4,42 Milliarden Euro Erbschaftssteuer und 1,08 Milliarden Euro Schenkungssteuer in die Steuertöpfe flossen, und das trotz großzügiger Freibeträge für Verwandte und Unternehmer. So steht jedem unbeschränkt steuerpflichtigen Erwerber ein Schenkungsfreibetrag zu, der alle zehn Jahre erneut genutzt werden kann. Bei Ehegatten und Lebenspartner beträgt er 500.000 Euro, bei Kindern 400.000 Euro. Bei Beträgen, die über den Freibetrag hinausgehen, bestimmt sich der Prozentsatz nach der jeweiligen Steuerklasse.
Dass die aktuelle, reichenfreundliche ÖVP-FPÖ-Regierung sich beim Steuerrecht von Deutschland inspirieren lässt, gilt als unwahrscheinlich. Als negatives Vorbild gelten die Nachbarn allerdings im Sozialrecht. Es drohen - a la Hartz IV - die Abschaffung der Notstandshilfe für Langzeitarbeitslose und deren bodenloser Sturz in die Mindestsicherung (ohne Anrechnung von Pensionsmonaten und mit Vermögensverwertung).
Spätestens dann werden auch die letzten "Regierungsfans" wissen, warum es sich lohnt, gegen Schwarz-Blau auf die Straße zu gehen und bei der nächsten Nationalratswahl diese unsoziale, rechte Koalition "abzuwählen"...