Sonntag ist Schontag. Nicht so beim Donaufestival in Krems. In der historischen 30.000 Einwohner-Stadt bietet das Kuratorenteam rund um Thomas Edlinger auch am 3. Veranstaltungstag ein anspruchsvolles, spannendes Programm zum ambivalenten Thema "New Society".
Bereits ab 10 Uhr vormittags kann man im Museum Krems direkt bei der Dominikanerkirche die Ausstellung "Steve Bannon: A Propaganda Retrospective Model" des niederländischen Aktivisten und Künstlers Jonas Staal inspizieren. Dieser stellt frühere Filme des Trump-Beraters Steve Bannon in Zusammenhang mit dessen Propagandatätigkeit für den umstrittenen US-Präsidenten. Bannon bezieht sich dabei auf das Buch "The Fourth Turning", in dem der Gang der Geschichte in 4 Zyklen unterteilt wird: Wachstum, Reife, Dekadenz und Niedergang. Elemente, die den "clash of civilizations" ankündigen, sind u.a. der Islamismus, der Liberalismus (in Form der Hippies und 68er-Generation), das Establishment (in der Gestalt von Dinosauriern) und die "Haie" der Wirtschaftselite. Staal zeigt in seiner Installation auch mediale "Tricks" der Trump-Propaganda wie Aktenberge (die real eigentlich nur weißes Papier darstellen) oder Retuschierungen von Personen auf Fotos. Betroffener: Bannon selbst, der Opfer seiner eigenen PR-Aktivitäten wurde.
Im Kesselhaus-Kino läuft am Nachmittag ein avantgardistischer Streifen über die Pariser Kreativitäts-Boheme ("Ne travaille pas"), danach diskutieren Kurator Thomas Edlinger, Journalistin Isolde Charim und Autor Heinz Bude über die Zukunft der Gesellschaft, die sich auch zusehends mit Algorithmen, Echokammern und Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen muss.
Sensationelles Line Up am Abend in den Österreichhallen: Die schärfste russische Rock-Band der Gegenwart namens Shortparis feiert mit Electro-New-Wave-Beats und ästhetischer Bühnendynamik bis zur Erschöpfung ihre Österreich-Premiere. Mit im Gepäck auch ihr Hit "Straschno", dessen symbolisch-provokantes Video zu einigen Konzertverboten in Russland führte. Politische Aussagen sind nicht Teil der mitreißenden Show, gibt es aber von Shortparis zur Genüge: "Das Politische sitzt heutzutage tief in uns, es ist nicht mehr nur etwas Soziales, sondern auch etwas tief Psychologisches". Die Gesellschaft in ihrer aktuellen Ausprägung setzen die St. Petersburger mit irrationaler Angst gleich, sie dürften dabei nicht falsch liegen.
In der Halle 2 becirct die Berliner Underground-Ikone Gudrun Gut ("Kaltes Klares Wasser") mit Vocals, Analog-Synthesizer und Minimal Beats die Donaufestival-Besucher. Den Schlusspunkt setzt die aus Manchester stammende Electro-Künstlerin Planningtorock, die mit andächtiger Moderation und gefühlvollen Tracks aus ihrem neuen Album "Powerhouse" ihre Liebe zur Musik erklärt und ein Bekenntnis für Toleranz, Frauenrechte und die Gender-Bewegung abgibt.
Die Party in Krems ist zu Ende, die vielen nationalen und internationalen Gäste düsen per Shuttle Bus nach Wien und danach zum Flughafen. Und kommen nächste Woche wieder. Zur Runde 2 des Donaufestivals 2019.