Paradiesvogel, Pianist, Exzentriker, Musikgenie, Aids-Aktivist, Brillenfetischist oder ganz simpel: Elton John. 350 Millionen Tonträger hat der in London unter schwierigen familiären Verhältnissen aufgewachsene Reginald Dwight in seiner Karriere verkauft. Derzeit befindet sich der 72jährige auf einer 3 Jahre dauernden Abschiedstournee, bei der er auch zwei Auftritte in der ausverkauften Wiener Stadthalle absolvierte.
Die Tour steht unter der Trademark "Farewell Yellow Brick Road" und bezieht sich dabei auf sein erfolgreichstes Album "Goodbye Yellow Brick Road" aus dem Jahre 1973, das 30 Millionen Exemplare verkaufte. Die "gelbe Backsteinstraße", das ist jener Weg aus dem Kinderbuch und Film "Der Zauberer von Oz", der in die Smaragdstadt führt. Passt kongenial zu Elton John, der seit Beginn seiner Karriere mit extravaganten Inszenierungen und Kostümierungen glänzte.
Seine erste Single "Border Song", gerademal auf Platz 92 in den US-Charts, veröffentlichte Elton John im Jahr 1970, die Lyrics stammten schon damals vom Textdichter Bernie Taupin, mit dem der Sänger jahrzehntelang zusammenarbeitete. Eine der Raritäten, die Elton John mitten im Hit-Reigen auch in Wien präsentierte. Im Mittelpunkt standen aber natürlich die großen Hits der 70er, als Elton John - vor dem Aufblühen von Disco, New Wave und Hip Hop - zu den renommiertesten Künstlern zählte: "Your Song", der erste Top Ten-Hit, "Tiny Dancer" (in den 90ern auch im Kino-Retro-Hit "Almous Famous" zu hören), "Daniel", das rockige "Saturday Night´s Alright for Fighting", die erfolgreichste Single aller Zeiten, "Candle the Wind" (beim Wien-Konzert in der originalen Monroe-Version), die später durch das legendäre George Michael-Duett noch populärer gewordene Ballade "Don´t let the Sun go down on me" und natürlich "Crocodile Rock", bei dem jenseits aller Altersgrenzen das gesamte Publikum der ausverkauften Wiener Stadthalle mitsang und mittanzte.
Zwischen Balladen und Up-Tempo-Tracks lieferte Elton John auch leise Untertöne. Er erzählte von seiner 16jährigen Drogen- und Alkoholsucht und dankte pauschal jenen Personen, die ihn Anfang der 90er in eine Entzugsklinik einlieferten und ihm vermutlich das Leben retteten. Nicht erst seit dem Aids-Tod von Freund Freddie Mercury 1991 setzte sich der bisexuelle Künstler auch immer für die Rechte von Diskriminierten und Minderheiten ein. Er war aber der Anlass für die Gründung der Elton John Aids Foundation, die bis dato 450 Millionen Dollar für Projekte weltweit im Kampf gegen HIV sammelte. Kein Wunder, dass der Musiker oft auch Stargast beim Wiener Life Ball war.
Elton John will sich in Zukunft mehr seiner Familie widmen. Er lebt seit 2005 in einer Lebenspartnerschaft mit David Furnish, die 2014 in eine Ehe umgewandelt wurde, und hat 2 Kinder im Alter von 8 und 6 Jahren. Bei der "Farewell"-Abschiedstournee wird Elton nach dem letzten Song "Goodbye Yellow Brick Road" per Schrägaufzug hinter die Bühnenkulisse gerollt. Ob es tatsächlich der letzte Auftritt in Wien war, wird sich weisen.
Aktuell ist Elton John auch im Kino zu sehen. Oder besser gesagt, seine Biographie und seine Songs. "Rocket Man" beleuchtet die Lebensgeschichte von Elton John bis zum 40. Lebensjahr, Taron Egerton überzeugt in dem vom "Bohemian Rhapsody"-Regisseur Dexter Fletcher inszenierten Streifen nicht nur als Darsteller, sondern auch als Sänger. Mit dem Sanktus des musikalischen Großmeisters :-)