Nationalratswahlkampf 2017: ÖVP (13 Millionen Euro) und FPÖ (10,5 Millionen Euro) haben die gesetzlich zulässigen Wahlkampfkosten von 7 Millionen Euro um 6 bzw. 3,5 Millionen Euro überzogen. Die ÖVP erhielt 2017 auf Bundes-, Landes- und Gemeindeeebene (inkl. Vorfeldorganisationen) insgesamt 4,4 Millionen Euro an Spenden. Diese "goldenen Zeiten", die nicht nur wettbewerbsverzerrend sind, sondern auch den Verdacht der "Politikkäuflichkeit" hegen, sind nun vorüber. Dank einer Novelle des Parteiengesetzes, die durch SPÖ, FPÖ und JETZT im Nationalrat beschlossen wurde und seit 9. Juli 2019 in Geltung ist.
Die gesetzlich zulässigen Wahlkampfkosten von 7 Millionen Euro zwischen Stich- und Wahltag bleiben zwar unverändert. Es müssen aber auch Ausgaben von Personenkomitees und einzelner Wahlwerber eingerechnet werden. Bei einer Überschreitung drohen - im Gegensatz zur früheren Regelung - enorme Geldstrafen, die bis zu 150 % (!!!) des Überschreitungsbeitrages reichen können.
Neu eingeführt wird zusätzlich ein Monitoring durch den unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat. Sachverständigen-Gutachten sind innerhalb von 6 Monaten nach dem Wahltag zu veröffentlichen.
Radikal eingeschränkt wird auch das vornehmlich in Wirtschaftskreisen gepflegte Großspendertum. Jede politische Partei darf pro Kalenderjahr höchstens Spenden im Gesamtwert von 750.000 Euro annehmen. Bei neuen Parteien gilt beim ersten Wahlantritt der doppelte Betrag als Höchstgrenze. Darüber hinaus gehende Spenden müssen an den Rechnungshof übermittelt werden, der diese an mildtätige und wissenschaftliche Organisationen weiterleitet.
Pro Spender sind pro Kalenderjahr nur 7500 Euro Spenden an eine politische Partei zulässig. Dies gilt sowohl bei natürlichen als auch juristischen Personen (wie Vereinen). Bei juristischen Personen gelten Mutter- und Tochtergesellschaften als Einheit. Spenden über 2500 Euro sind dem Rechnungshof unter Nennung von Spender und Höhe unverzüglich zu melden und durch diesen zu veröffentlichen. Bis 8. Juli 2019 galt hier ein Mindestwert von 51.000 Euro.
Jede politische Partei hat über die Art ihrer Einnahmen und Ausgaben jährlich mit einem Rechenschaftsbericht öffentlich Rechenschaft zu geben. Dieser Bericht inkludiert nun auch die territorialen (Bezirks-, Landes- und Gemeindeorganisationen) und nicht territorialen Teilorganisationen. Überprüft werden die Rechenschaftsberichte nicht durch den Rechnungshof, sondern durch "zwei nicht durch Kanzleigemeinschaft verbundene Wirtschaftsprüfer". Diese werden allerdings vom Rechnungshof für fünf Jahre aus einem Fünfervorschlag der jeweiligen politischen Partei bestellt. Der Rechnungshof selbst kontrolliert die Rechenschaftsberichte, holt bei unvollständigen oder falschen Angaben Stellungnahmen von den Parteien ein bzw. meldet dies dem Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat.
Fazit: Durch die im Rahmen der "freien Kräfte" beschlossenen Novelle des Parteiengesetzes wurden zwar nicht alle Forderungen der Experten (wie volle Prüfung durch den Rechnungshof oder Involvierung der Staatsanwaltschaft bei schweren Verstößen) erfüllt. Sie sollte aber ein geeignetes Mittel sein, um Großspenden zu verhindern und "amerikanische Verhältnisse" im Sinne eines "Politik-Kaufs" durch Konzerne und Lobbyisten einzudämmen...