Es sind schockierende Zahlen, mit denen österreichische Sozialpolitiker und NGO´s konfrontiert sind. 1.512.000 Menschen oder 17,5 % der Bevölkerung waren 2018 im viertreichsten Land der EU armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Ein besonderes Risiko trifft Ein-Eltern-Haushalte, kinderreiche Familien, Langzeitarbeitslose, Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft, Geringqualifizierte und ... Kinder.
25 % der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdeten, das sind rund 372.000 Personen, sind Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren. Diese soziale und finanzielle Benachteiligung birgt verschiedenste Gefahren für den Nachwuchs unserer Gesellschaft: Für 14 % der betroffenen Haushalte ist Sparen bei der Ernährung Teil der Lebensrealität, 5 % leben aus Kostengründen in schlecht beheizten Wohnungen, 31 % hausen in überbelegten Wohnungen. Beeinträchtigt sind auch die gesellschaftlichen Kontakte armer Kinder. So können sich 16 % keine Freizeitaktivitäten (wie Sport- oder Musikkurse) leisten, 6 % können aufgrund ihrer finanziellen Notlage nicht an kostenpflichtigen Schulausflügen teilnehmen.
Die Reaktion von Türkis-Blau auf diese Fakten: Die Einführung eines Familienbonus mit Kosten von 1,5 Milliarden auch für Reiche, die diese Unterstützung nicht brauchen, im Gegenzug die Kürzung der Mindestsicherung für die Ärmsten der Armen. So erhält seit der unsozialen ÖVP-FPÖ-Sozialhilfe-Reform das zweite Kind nur mehr 4,30 Euro pro Tag, das 3. und jedes weitere Kind nur mehr 1,50 Euro. Insgesamt wurde die Mindestsicherung für Kinder pro Jahr um 40 Millionen Euro reduziert mit dem schäbigen Kommentar, das treffe ohnehin vorwiegend die Migrantenfamilien (Anm.: Gleichzeitig wurden für PR- und Werbung von ÖVP und FPÖ 44 Millionen Euro beim Fenster hinausgeschmissen.)
Eine neue, familienfreundliche Regierung (am besten ohne Beteiligung der rechten Parteien) sollte daher nicht nur diese Kürzungen zurücknehmen, sondern gleichzeitig auch eine Unterhaltsgarantie einführen. Laut Statistik gelten ca. 40 % der Ein-Eltern-Haushalte als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Das aktuell geltende Unterhaltsvorschussgesetz, das den Staat zu einer Geldleistung verpflichtet (falls der Unterhaltspflichtige die Alimente nicht zahlen kann), enthält zahlreiche Lücken, die den haushaltsführenden Elternteil (zumeist die Mutter) in die Armut schlittern lässt. Die durchschnittliche Höhe beträgt nur 210 Euro, bei Herabsetzungsanträgen müssen die Alleinerzieher meistens monatelang auf angemessene Beiträge warten, bei fehlendem Exekutionstitel kann gegen den Unterhaltspflichtigen gar kein Vorschuss geltend gemacht werden.
Die Unterhaltsgarantie sollte sich an den Regelbedarfssätzen orientieren, die jährlich vom Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen festgelegt werden. Diese decken jenen Bedarf ab, den jedes Kind einer bestimmten Altersstufe ohne Rücksicht auf die konkreten Lebensverhältnisse seiner Eltern an Nahrung, Kleidung, Wohnung, Kultur und Freizeitgestaltung hat. 2019 betragen die Regelbedarfssätze - je nach Alter - zwischen 212 und 590 Euro.
2017 wurde im Nationalrat bereits über die Unterhaltsgarantie diskutiert. Ein Beschluss scheiterte - wie üblich bei sozialen Themen - an den Stimmen von ÖVP und FPÖ, die an der Bekämpfung der Kinderarmut (wie oben dargelegt) anscheinend kein Interesse haben. Eine linksdominierte Koalition unter Führung Rendi-Wagners (die die Unterhaltsgarantie im aktuellen Wahl-Programm konstituiert hat), könnte die Unterhaltsgarantie für Alleinerziehende schnell beschlussfähig machen. Unter der Voraussetzung, dass der Wähler nicht sein Kreuzerl bei rechtskonservativen Parteien wie der ÖVP und der FPÖ macht...