Die Journalistin Ingrid Brodnig gilt als Digital-Expertin und hat neben zahlreicher Essays und Kommentare zu diesen Themen auch zwei Bücher publiziert: "Hass im Netz" und "Lügen im Netz". Im Brandstätter-Verlag ist jetzt ihr neuestes Buch "Übermacht im Netz" erschienen, das sich mit der wirtschaftlichen, aber auch politischen Macht von Internetkonzernen wie Facebook, Google oder Amazon beschäftigt. Im Thalia Wien-Landstraße stellte die auch auf Universitäten und Fachhochschulen dozierende Autorin ihr Buch vor.
Eine technologische Revolution sei nicht immer gänzlich positiv, so Brodnig. Der vermeintliche Gratis-Kommunikationsdienst Facebook beispielsweise änderte 2009 von heute auf morgen die Standard-Posting-Einstellungen von privat auf öffentlich und prägte dadurch die gesellschaftlichen Normen. Wissenschaftler fanden heraus, dass der Konzern durch das Teilen von Telefonbüchern gegen unseren Willen unsere privaten Telefonnummern erhält und dadurch auch Werbeaktionen ausgelöst werden. Google wiederum kann durch unsere Smartphones alle 4 Minuten unseren Standort ausspähen.
Globalisierung und Digitalisierung hatten auch den Effekt, dass Firmen ihre Gewinne - ganz legal - dort auslagern können, wo die Versteuerung am geringsten oder gar nicht vorhanden ist. So zahlt durchschnittlich ein "analoger" Betrieb 23,2 % Körperschaftssteuer, ein digitaler nur mehr 9,5 %.
Brodnig beschreibt in ihrem Vortrag auch das 4-Phasen-Modell neuer Technologien der Harvard-Forscherin Deborah Spar. Zuerst Begeisterung und Euphorie der Adressaten, dann erste Geschäftsmodelle durch Pioniere. Beginnende Zweifel über negative Entwicklungen führen dann zu einem Ruf nach Regelungen, die dann in einem vierten Schritt durch den Staat umgesetzt werden. Europa sei hier aktuell zwischen Phase 3 und 4 und bezüglich der Konzeption verbindlicher Rechtsvorschriften rigider als die Vereinigten Staaten.
Auch der einzelne Bürger könne sich gegen die Übermacht der Internet-Konzerne wehren. Die Parole Brodnigs lautet: "Aufmüpfig sein!" So hat jeder Bürger gemäß § 15 Datenschutzgrundverordnung ein Auskunftsrecht über seine personenbezogenen Daten. Bei der Ex-Falter-Journalistin selbst reichten die Amazon-Aufzeichnungen bis ins Jahr 2002 (!) zurück. Verbündete suchen ist ein zweites Mittel, als Beispiel seien Datenschützer Max Schrems, die Grundrechtsplattform Epicenter Works oder die Aufklärungsorganisation SaferInterner.at genannt, die den Kampf gegen die digitalen Windmühlen aufnehmen.
Mehr Informationen, Ländervergleiche, Statistika und Lösungsvorschläge gibt es im neuesten Brodnig-Werk "Übermacht im Netz" zu lesen, genauso empfehlenswert wie ihre Vorgängerbücher...