Paris – Je t´aime. Ein Satz, der in der Stadt der Liebe leicht über die Lippen klettert. Über 16 Millionen Touristen besuchen jährlich die wunderschöne, französische Hauptstadt an der Seine und lassen sich von den historischen Sehenswürdigkeiten, den Gourmetspezialitäten und dem bunten Nachtleben verzaubern.
Kunstliebhaber zieht es in die berühmtesten Museen der Welt, egal ob in den Louvre-Glaspalast, das in einer ehemaligen Bahnhofshalle untergebrachte Musee d´ Orsay oder den Centre Pompidou. Zum Standard-Programm zählt natürlich auch der Besuch des Eiffelturms, der 1889 im Rahmen der Pariser Weltausstellung eröffnet wurde.
Auf insgesamt drei Plattformen in einer Höhe von 57, 115 und 274 Meter Höhe haben die Besucher einen idealen Ausblick auf das Panorama der am dichtesten besiedelten Großstadt Europas (Auf einer Fläche von 105 km2 wohnen rund 2,2 Millionen Menschen). Die höchste Plattform ist nur per Aufzug erreichbar und lockt mit einer Champagner-Bar, die anderen zwei können, Kondition vorausgesetzt, auch per pedes auf den eisernen Stiegen erklommen werden. Und hat gleichzeitig den Vorteil, dass man sich in die Rolle von Roger Moore, Grace Jones oder Duran Duran versetzen kann, die hier einst den James Bond-Kassenschlager (plus Video-Clip) "A View to a Kill" drehten.
Die Ausflugsboote auf der Seine sind zwar prallgefüllt, und zahlreiche Touristen ziehen mit ihren Handykameras durch die Straßen. Die verwaisten Cafes und Kneipen und die sicherheitstechnischen Absperrungen auf der Ile de la Cite lassen aber bereits im vorhinein Unheil erahnen: Am 15. April 2019 fing das Wahrzeichen von Paris, die Kathedrale von Notre Dame, Flammen. 1163 wurde mit dem Bau der Kirche begonnen, 200 Jahre später wurde er vollendet. Gemeinsam mit dem Eiffelturm, dem Louvre und dem Grand Palais zählt sie seit 1991 zum UNESCO-Weltkulturerbe und zog jährlich 13 Millionen Besucher an. Der vermutlich durch eine brennende Zigarette oder einen Kurzschluss bei Bauarbeiten am Dach ausgelöste Brand zerstörte den hölzernen Dachstuhl und das Bleidach, der Spitzturm stürzte vor laufenden Kameras in die Tiefe. Die Spendenzusagen für einen Wiederaufbau belaufen sich bereits auf ca. 1 Milliarde Euro. Ob dieser - wie versprochen von Staatspräsident Macron - 2024 fertig sein soll, bleibt ein frommer Wunsch. Fix sind in diesem Jahr nur die Olympischen Sommerspiele vom 26. Juli bis zum 11. August.
"Aux Champs-Elysees", einer der bekanntesten Pariser Chansons, hat wieder Saison. Die Prachtstraße, die beim von Napoleon 1806 in Auftrag gegebenen Triumphbogen beginnt, wurde in den 90ern restauriert. Die Bürgersteige wurden erweitert und beherbergen neben zahlreichen Luxusshops und Restaurants das Medienkaufhaus FNAC, einen Fanshop des renommierten Fußball-Clubs Paris St. Germain und das Atelier Renault mit ausgestellten Formel 1-Wägen. Am 14. Juli findet hier immer die Parade zum Nationalfeiertag statt, ebenso frenetisch gefeiert wird alljährlich die Schlussetappe der Tour de France. Weniger Anklang finden auf der Luxusmeile die Demonstrationen, die - wie zuletzt - bei Gewaltausschreitungen einiger "Gelbwesten" zu zahlreichen Sachbeschädigungen und Festnahmen führten. In unmittelbarer Nähe der Champs-Elysees liegt der Elysee-Palast des Staatspräsidenten (aktuell: Emmanuel Macron), der rund um die Uhr von Sicherheitskräften bewacht wird. So dürfen auch unverdächtige Fußgänger nur den linksseitigen, abgewandten Bürgersteig der Rue du Faubourg-Saint Honore betreten.
Im sogenannten "Marais" standen einst die Stadtpaläste der Adeligen, die heute denkmalgeschützt sind und teils Museen und Ausstellungen beherbergen. Viele der fast 400.000 in Paris lebenden Juden wohnen in diesem Stadtteil, der auch mit einem Jüdischen Museum, einer Synagoge und einer Holocaust-Gedenkstätte ausgestattet ist. Ein besonderes architektonisches Schmuckstück ist der Place des Vosges, der rundum von 36 (fast) identischen Pavillons umgeben ist. Bei blauem Himmel liegen hier die Pariser auf der riesigen grünen Wiese, flirten, studieren oder lassen sich die Sonne auf den Bauch scheinen.
Heiß her ging es einst im Mai 1968 im südlich gelegenen Quartier Latin, als Studenten der ältesten Pariser Universität Sorbonne nach der Räumung einer Fakultät heftige Proteste auslösten. Die Motive der Studentenrevolutionen reichten von schlechten Studienbedingungen bis hin zu Kapitalismuskritik und einer rigorosen Ablehnung des Vietnamkriegs und schwappten bald auch auf die nichtstudentische Bevölkerung und in abgemildeter Form auch auf andere Metropolen Europas über. Die Universität ist heute auf 13 Standorte verteilt, das Sorbonne-Areal und das benachbarte "Literatenviertel" St. Germain des Pres sind aber noch immer Anziehungspunkt für die intellektuelle Elite (oder, die sich dafür halten), die – wie einst Oscar Wilde, Henry Miller, Pablo Picasso oder die stets schwarz gekleideten Existentialisten der 60er - in Cafes wie dem Les Deux Magots oder dem Flore über den Sinn des Lebens philosophieren.
Krass im Gegensatz zu diesem smart-lieblichen Areal mitten im Zentrum von Paris steht Europas größte Bürostadt La Defense im Westen von Paris, die Ende der 50er geplant wurde und heute über 3 Millionen Quadratmeter Bürofläche und 600.000 m2 Wohnraum umfasst. Inmitten zahlreicher Wolkenkratzer und moderner Hochhäuser befindet sich eine 1,2 km lange und 250 m breite Fußgängerzone, die durch zahlreiche Bepflanzungs- und Begrünungsaktionen, Wasserspiele und Skulpturenparks stetig an Beliebtheit gewinnt. Als Wahrzeichen von La Defense gilt der vom dänischen Architekten Spreckelsen auf Initiative von Präsident Mitterand entworfene Grande Arche, der - inklusive eingebettetem Tuchsegel La Nuage - mit dem Triumphbogen an der Place Charles de Gaulle und jenem beim Louvre eine (leicht verschobene) Achse bildet.
Als eine der meistbesuchten Tourismusattraktionen von Paris gilt der Friedhof Cimetiere du Pere-Lachaise im Osten der Stadt. Über 3,5 Millionen Menschen visitieren jährlich die 44 Hektar große Begräbnisstätte und verirren sich - trotz eines am Eingang erhältlichen Lageplans – zumeist stundenlang inmitten der überlebensgroßen Grabmal-Burgen. Neben zahlreichen Gedenkstätten für Opfer des Nationalsozialismus und interner militärischer Aufstände (wie der "Mur des Federes") wurden viele Prominente aus Literatur, Kultur und Musik (wie Balzac, Moliere, Chopin, Proust, Simone Signoret oder Edith Piaf) im Pere Lachaise begraben. Die meisten Besucher zieht es zu den Gräbern von Dandy-Literat Oscar Wilde ("The Picture of Dorian Gray") und Doors-Legende Jim Morrison. Hohe Glasscheiben verhindern seit 2011 die Anbringung von Lippenstift-Kussabdrucken am Grab von Wilde, der mit 46 Jahren verarmt in einem Pariser Hotel gestorben ist. Ebenfalls in Paris gestorben, am 3. Juli 1971 unter ungeklärten Umständen in einer Badewanne, ist Jim Morrison, dessen Grab - unter seinem echten Namen James Douglas - aufgrund des nicht abreißenden Fanansturms durch ein Metallgitter abgeschirmt ist.
Die wildesten Zeiten sind zwar vorbei, aber der Stadtteil Pigalle im Norden von Paris zählt noch immer zu den lasterhaftesten Vierteln der französischen Hauptstadt: Clubs, Kneipen (in denen zuletzt Pete Doherty über den Durst getrunken hat) und viele Erotik-Bars verleiten Touristen und Einheimische zu sündhaften Abenteuern. Das berühmteste Lokal ist zweifelsohne der Nachtclub Moulin Rouge, dessen Gebäudedach - dem Namen entsprechend - mit einer roten Windmühle ausgestattet ist. Eintauchen kann man im am Montmartre gelegenen Viertel auch in die "fabelhafte Welt der Amelie", deren Stammcafe "Tabac des Deux Moulins" in der Rue Lepic 15 zu finden ist. Als Ort romantischer Liebesschwüre eignet sich vor allem die Freitreppe auf dem Montmartre-Hügel vor der Sacre Coeur, von dem man bei Sonnenuntergang einen wundervollen Blick auf Paris genießt. Exklusivität kann man sich aufgrund des täglichen Besucherandrangs allerdings abschminken. Ebenso wie an der Mauer Le Mur des jet´aime in unmittelbarer Nähe, auf der "I love you" in mehr als 300 Sprachen eingraviert wurde...
Dort, wo einst Geschichte geschrieben wurde, tobt heute das pulsierende Nachtleben: In den Kneipen des Bastille-Viertels oder am Place de la Republique. Der Canal de Saint Martin, der aus kriegsstrategischen Gründen einst partiell unterirdisch gelegt wurde, erinnert in seiner pittoresken Atmosphäre an die Amsterdamer Pendants. Zu heißen Dance-Beats wird getanzt in House-Clubs wie dem La Machine (am Boulevard de Clichy), im undergroundigen Badamoum oder im 1992 von DJ-Legende Laurent Garnier eröffneten Rexclub. Im Sommer zieht es die Party People an den künstlich errichteten Stadtstrand Paris Places direkt ans Seine-Ufer oder zu Festivals wie dem Rock en Seine, das dieses Jahr u.a. mit Acts wie The Cure, Major Lazer, Johnny Marr oder Kompromat mehr als 100.000 Besucher in den wunderschönen Park Domaine National de St. Cloud lockte.
Seit 12. November 2016 wieder geöffnet ist das Bataclan, jener Live-Club am Boulevard Voltaire, in dem ein Jahr zuvor, am 13. November 2015, 89 Konzertbesucher durch IS-Attentäter ermordet wurden. Während eines Konzerts von Eagles of Death Metal - Vorgruppe war die österreichische Formation White Miles - nahmen 3 schwer bewaffenete Terroristen die zumeist jugendlichen Besucher als Geiseln uind schossen wahllos in die Menge, bis eine Polizeieinheit den ehemaligen Theatersaal stürmte. "Wir wollen jener gedenken, die hier ihr Leben verloren haben, aber auch das Leben und die Musik an diesem historischen Ort feiern", so Sting beim Re-Opening. Auf der Fassade des Bataclan wurde eine Tafel mit der Aufschrift "La liberté est un monument indestructible (Die Freiheit ist ein unzerstörbares Denkmal)" befestigt.
Der unter dem Schiff platzierte lateinische Wappenspruch der Stadt Paris, "Fluctuat nec mergitur" ("Sie schwankt, aber geht nicht unter") wurde während der IS-Anschläge zum Symbol des Widerstands gegen den Terror. Und diente auch als motivierender Zusammenhalt der Einheimischen, als die Notre Dame in Brand geriet. Die Pariser lassen sich auch bei schrecklichen Tragödien nicht unterkriegen. Und das ist gut so...