Regenbogenparade 2008 - “Raus aus dem Abseits”

„Feier das Leben, feier das Glück, feier uns beide, es kommt alles zurück“ - eine Zeile des neuen Rosenstolz-Songs „Gib mir Sonne“ - sie könnte durchaus auch Slogan für die 13. Wiener Regenbogenparade sein, die - aufgrund der Euro 2008 - dieses Jahr 2 Wochen verspätet stattfand und unter dem fußballangelehnten Motto „Raus aus dem Abseits“ stand. 

 

Eigentlich hätte das diesjährige Wiener Christopher Street Day Event eine exzessive Jubel-Party für Schwule, Lesben und Transgender werden sollen - das neue Lebenspartnerschaftsgesetz, das eine eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle und eine Trauung vor dem Standesamt für Gleichgeschlechtliche normieren sollte, stand kurz vor der Beschlussfassung - nun liegt es aufgrund des desaströsen Scheiterns der rot-schwarzen Koalition wohl noch länger auf Eis. Der Kampf gegen die Windmühlen geht also weiter, und das ganz im Stile der Gay & Lesbian-Community, Party-Feeling mit politischer und gesellschaftlicher Agitation zu verbinden. 

 

Auf der Wiener Ringstraße versammelten sich am sonnig-heißen Samstag-Nachmittag des 12. Juli 33 Gruppen, die in einer friedlichen Parade „andersrum“ gemeinsam für sexuelle Toleranz und eine rechtliche Gleichstellung aller Lebensformen auftraten. Neben zahlreichen Besuchern, die teils stets nur an diesem ehrwürdigen Tag den Mut haben, sich zu „outen“, präsentierte sich inmitten des Reigens bunt und schrill kostümierter Party People auch die Gay Schickeria des Landes - Life-Ball-Initiator Gary Keszler mit seinem aufgrund eines Ehrenbeleidungsprozesses berühmt-berüchtigten „Berufsschwuchtel“-T-Shirt, Kult-Drag-Queen Miss Candy (gleichzeitig auch Moderator/-in der Schlussveranstaltung am Heldenplatz), Ex-TV-Star und SoHo-Aushängeschild Günther Tolar in einem Oldtimerbus und der kränklich aussehende Hermes Phettberg in einem Rikschataxi. 

 

Angeführt wurde die Parade von den „Dykes on Bikes“, einem Motorradclub für Lesben, beendet mit den MA-48-Trucks, die innerhalb kürzester Zeit wieder für eine Reinigung der zurückgelegten Route sorgten. Dazwischen tummelten sich neben politischen Aktivisten, engagierten Organisationen wie Amnesty International oder der Beratungsstelle Courage und vollig losgelösten Zivilisten schräge Gestalten der Wiener Undergroundszene, darunter die SM-Initiative Libertine mit „Personenfiakern“, die Community Le-Swing, „die gleich zur Sache kommt“, oder der Travestiestar Francesco Cardeloni. 

 

Zu heißen Techno- und House-Beats tanzten die „Why Not“-Teens und Twens auf einem pink geschmückten Sattelschlepper, während der Truck Nr. 34 auf den baldigen Filmstart des „Mamma Mia“-Films hinwies. Dass Abba ebenso wie Village People, die Pet Shop Boys oder die Wowereit-„Ich bin schwul, und das ist gut so“-Freunde Rosenstolz zu den Schwulenikonen gehören, weiss ja heutzutage nicht nur die Pink Community. Auf dem Wiener Heldenplatz sorgte der auch aus der XO Bar bekannte DJ Sonic, gemeinsam mit Junior Sonic Veranstalter des Gay-Clubbings „Joyride“ im Utopia, für einen exquisiten musikalischen House-Elektro-Cocktail, den man entspannt in den Liegestühlen oder tanzend auf den Straßen genießen konnte. 

 

Die Bristoler Kult-Formation „Kosheen“ (bekannt durch „Catch“ und „Hide U“) und die Right Said Fred-Glatzköpfe, bei einem ähnlichen Event in Russland (wo bis vor kurzem Homosexualität noch als Geisteskrankheit galt) festgenommen, unterhielten als Event-Highlights bis 22 Uhr die schrille Parade-Gesellschaft. Die sich zumindest an diesem Tag so richtig wohl fühlte in der als spießig und morbid verschrienen Bundeshauptstadt. Es droht allerdings noch ein steiniger Weg, bis die „egalite“ vollständig erreicht ist. Die Hoffnung allerdings stirbt zuletzt.