Es herrscht Ausnahmezustand aufgrund der Covid-19-Krise. Das heißt allerdings nicht, dass alle grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien seitens der Regierung und des Parlaments über den Haufen geworfen werden. Bei der letzten Nationalratssitzung am 3. April wurden auf Grundlage einer Regierungsvorlage das 3., 4. und 5. Covid-Gesetz beschlossen, das insgesamt 92 Artikel enthält, naturgemäß ohne Begutachtungsverfahren.
Eine Novelle des Epidemiegesetzes sorgt für Aufregung im gesamten Bundesland. So werden gemäß § 3a die Bezirksverwaltungsbehörden (also die und Magistrate) ermächtigt, dem Bürgermeister Namen und Kontaktdaten einer von einer Absonderungsmaßnahme betroffenen Person mitzuteilen. Dies betrifft nicht nur kranke, sondern auch krankheitsverdächtige und ansteckungsverdächtige Menschen, die im Gemeindegebiet des Bürgermeisters wohnen.
Bei Symptomen (wie Fieber oder Anzeichen einer Atemwegsinfektion) bzw. bei Kontakt mit einer positiv getesteten Person können sich Betroffene an die Gesundheitsnummer 1450 wenden, die die weiteren Schritte einleitet. Wer getestet wird, entscheidet der jeweilige Amtsarzt.
Bei positiven Tests, aber auch bei negativen Tests (beispielsweise von Kontaktpersonen ersten Grades) wird seitens der Bezirksverwaltungsbehörde ein Bescheid zur Absonderung erlassen, die gegenüber Arbeitgebern als Krankenstand gilt. Ab sofort kann auch der Bürgermeister über die Quarantäne informiert werden, wenn dies zur Versorgung mit notwendigen Gesundheitsdienstleistungen oder mit Waren des täglichen Bedarfs unbedingt notwendig ist.
Nicht informiert werden aber die behandelnden Ärzte, was die Ärztekammer in einer Presseaussendung heftigst kritisiert hat. „Ärzte, Ordinationspersonal als auch andere Patienten werden dadurch einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt“, so der Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres.
Kein Mitspracherecht hat der Covid-Patient selbst, der vielleicht nicht will, dass jemand im kleinen Dorf oder der kleinen Ortschaft über die Infektion oder den Infektionsverdacht erfährt. Die Gefahr der Stigmatisierung, des Tratsches und der sozialen Ausgrenzung ist trotz der Verschwiegenheitspflicht der Bürgermeister nicht unbeträchtlich.
So berichteten zuletzt zahlreiche deutsche und französische Tageszeitungen über Ärzte, Krankenschwestern und Altenpfleger, die in kleinen Ortschaften leben und dort aus Supermärkten gewiesen bzw. von Nachbarn angefeindet wurden, weil sie mit Covid-Patienten in Kontakt seien. „So etwas spreche sich eben auf dem Land schnell rum“, so eine betroffene deutsche Intensivpflegerin.
Die Datenübermittlung an regionale Bürgermeister sollte daher wieder beseitigt werden, um diese gesellschaftlichen Auswüchse zu verhindern. Stattdessen sollten direkt die Ärzte über den Status ihrer Patienten informiert werden.