Ende des Jahres wird stets gerne Bilanz gezogen. Die Freude über das Jahr 2020 hält sich dabei in Grenzen, die Techno-Legenden von Scooter bringen es mit ihrem neuen Hit „Fxck 2020“ auf den Punkt. Die noch immer grassierende Corona-Pandemie ist in Österreich leider auch mit einer bedenklichen Entwicklung des Rechtsstaates auf Legislativ- und Exekutivebene verbunden. Bundeskanzler Kurz nennt dies lapidar „juristische Spitzfindigkeiten“, tatsächlich wurden vom exzellent funktionierenden Verfassungsgerichtshof im Laufe des Jahres zahlreiche Verordnungen des (formell zuständigen) Gesundheitsministers (die aber de facto natürlich im Einklang mit der gesamten Bundesregierung getroffen wurden) als verfassungswidrig aufgehoben.
Diese Tendenz dürfte leider prolongiert werden. Renommierte Juristen halten die den „dritten Lockdown“ legitimierende 3. Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung für rechtswidrig, da eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems nicht bevorsteht. Tatsächlich ist die Anzahl der Covid-Patienten sowohl auf der Normal- als auch auf der Intensivstation innerhalb der letzten Woche um ca. 20 Prozent gesunken.
Rechtsstaatlich massiv fragwürdig sind weiters die mit den Massentests im Jänner geplanten Freiheitseinschränkungen für Bürger, die diesen Tests fernbleiben. Aus rechtlicher Hinsicht handelt es sich bei einem Test um eine ärztliche Heilbehandlung, bei der der Patient zustimmen muss. In Deutschland ist das „Recht auf körperliche Unversehrtheit“ im Grundgesetz verankert (§ 2/2 GG), in Österreich wird dieses unter Art. 3 (Verbot erniedrigender Behandlung) und Art. 8 (Recht auf Privatleben) der im Verfassungsrang stehenden Menschenrechtskonvention subsumiert. Geschützt wird im Kern die Selbstbestimmung über den eigenen Körper bzw. die physische und psychische Integrität des Individuums.
Ausnahmen von diesem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht können sich aus öffentlichen Gesundheitsinteressen ergeben. Diese sind im § 5/1 Epidemiegesetz normiert, das ärztliche Untersuchungen (also beispielsweise durch Covid-Tests) dann zulässt, wenn eine Person „krank, krankheitsverdächtig oder ansteckungsverdächtig“ ist. Eine Massenuntersuchung aller ca. 8,9 Millionen in Österreich lebenden Personen ist hier natürlich nicht inkludiert.
Eine Verpflichtung der Bürger, sich ohne Grund einem Covid-Test zu unterziehen, besteht daher nicht. Wenn jetzt die Kurz-Regierung in einer Pressekonferenz (!) ankündigt, Testverweigerer im Jänner mit einer zusätzlichen Woche Freiheits- und Ausgangsbeschränkungen (inklusive dem Tragen einer stigmatisierenden FFP2-Maske) zu bestrafen, dann klingt das nach staatlicher Willkür oder - wie einige Polit-Insider meinen – nach einer Rache-Aktion eines beleidigten Bundeskanzlers, dessen sündteure Massentest-Initiative – alleine die Anschaffungskosten der Tests betrugen 67 Millionen Euro – einen gewaltigen Flop erlebte.
Antigentests sind laut Experten nicht nur extrem fehleranfällig, sondern stellen eine reine Momentaufnahme dar. Wer bei einem Massentest in der Wiener Stadthalle negativ getestet wurde, kann bereits während der Heimfahrt mit der U-Bahn oder bei einem Familientreffen Stunden später mit dem Corona-Virus infiziert werden. Ein negativer Corona-Test am 15. Jänner hat also Null Aussagekraft für die Tage danach. Trotzdem will die türkis-grüne Bundesregierung den Lockdown für Testverweigerer um eine Woche verlängern und diesen verbieten, Fashion Shops, Restaurants oder Kultureinrichtungen zu besuchen. Polizei, Kellner oder Billeteurs sollen die medizinisch wertlosen Testnachweise kontrollieren.
Dass das Christkind die Rechtfertigung für diesen massiven Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte liefert, ist wohl ausgeschlossen. Der Verfassungsgerichtshof kann also auch nächstes Jahr mit höchstem Arbeitsaufwand rechnen. Vermutlich wird das Gesetz aber nie zustandekommen, weil der mit einer Oppositionsmehrheit ausgestattete Bundesrat mit einem suspensiven Veto dieses bis zu 8 Wochen „verzögern“ kann und im März die Zustände sich (hoffentlich) geändert haben…