"Goldfisch" by Manuel Rubey: Lässig-subtile Gesellschaftskritik im Wiener Stadtsaal!

Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 haben Goldfische eine Aufmerksamkeitsspanne von neun Sekunden, die Menschen dagegen nur mehr 8 Sekunden. Im Jahr 2000 konnte sich der Durchschnittsmensch noch zwölf Sekunden lang konzentrieren. Eine Folge der Dauerberieselung durch Internet, soziale Medien oder Handy-Apps?

 

Sei´s wie´s sei. Beim ersten Soloprogramm des Musikers, Schauspielers und Kabarettisten Manuel Rubey stehen beide im Mittelpunkt: Der Mensch in der Person Rubeys oder besser gesagt seines Alter Egos, wobei hier natürlich Überschneidungen nicht ausgeschlossen bzw. kalkuliert sind, und der Goldfisch. Dieser steht gleichzeitig als Synonym einer gescheiterten Beziehung. Das einzige, was der Bühnenfigur, dem „Katastrophen-Ich“, dem „Hochleistungschiller noch geblieben ist. Dieser wurde von seiner Frau Stella verlassen, die bereits einen neuen Partner gefunden hat, die beiden Töchter Rosa und Lotte sieht er nur rudimentär, seine Hauptaufgabe besteht darin, den Goldfisch täglich zu füttern. Die berufliche Karriere dagegen läuft eher schlecht als recht, begleitet von zahlreichen Pannen und Pleiten in allen künstlerischen Bereichen.

 

„Goldfisch“ ist das erste Soloprogramm Manuel Rubeys. Rechtzeitig zu seinem 40er, der auch bei ihm eine leichte Midlife Crisis ausgelöst hat. Bühnen-Erfolge hat Rubey bereits mit Thomas Stipsits gefeiert, 2012 bekamen sie für „Triest“ den österreichischen Kabarettpreis. „Es ist schwieriger, Menschen zum Lachen als zum Weinen zu bringen. Die Komödie ist die Königsdisziplin“, so Rubey.

 

Bei seinem Solo-Debüt mischt Rubey – auf Basis eines realistischen Story-Plots – kongenial bitterböse Gesellschaftskritik mit schnellen Witzen, schmissigen Liedern und kreativen Listen. Letztere zählen zum besonderen Spleen des Bühnen-Egos. So erfährt man von „Berufen, vor denen ich meine Töchter warnen möchte“, „Sätzen, die man als junger Schauspieler nicht hören will“ bis hin zu „Gründen, warum die Corona-Infektionen nicht so schlimm sind und „Filmen, die – wenn realistisch - uninteressant wären“. So wie der Hollywood-Blockbuster „Titanic“ – „Ein Schiff sinkt, und die EU beschließt niemanden zu retten.“

 

Sätze wie „Ich glaub, dass Falco ohne mich nicht diese Karriere gemacht hätte“, sorgen nicht nur für amüsantes Gelächter im Publikum, sondern verweisen auch auf die Film-Rolle, mit der Rubey in der Öffentlichkeit bekannt wurde, als Falco im Doku-Drama „Verdammt, wir leben noch“. Das Lied „Wir waren Punks, heute sind wir Biedermeier“ nimmt indirekt Bezug auf einen neuen Film Rubeys, „Waren einmal Revoluzzer“, für den er zweimal für den österreichischen Filmpreis nominiert wurde und der jetzt auch in den deutschen Kinos gestartet ist. 

 

Rubey, in seiner Rolle „vielseitig desinteressiert“ und jemand, der die Prokrastination (das Verschieben von anstehenden Tätigkeiten) zu seinem Lebensprinzip erkoren hat, philosophiert über den „Scheiß Neoliberalismus“, die Trägheit („Kann man Überstunden schreiben, wenn man über die Arbeit geträumt hat“), offene Beziehungen, Kindererziehung, Instagram-Freundschaften mit den eigenen Kindern, Hass im Netz („Standard-Forum – Hass verpackt in richtige Rechtschreibung“) oder über die politisch korrekten Einkäufe in Wiener Bobo-Bezirken. „Erwerbe ich jetzt ein Lachsfilet oder einen Kleinwagen?“

 

Nach zahlreichen Absagen aufgrund der Corona-Krise tourt Rubey mit seinem Programm wieder durch die Lande, auf Open-Airs (wie auf der Praterbühne oder dem Theater im Park), im Wiener Stadtsaal und bei diversen Comedy-Festivals. Ob der Goldfisch dies überlebt?