Die türkis-grüne Bundesregierung rühmte sich kurz – vor dem Kurz-Rücktritt – noch mit der Erhöhung des Familienbonus auf 2000 Euro. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Maßnahme um eine Steuergutschrift, von der fast ein Drittel der Kinder nicht vollständig profitiert.
Laut einer Studie des Europäischen Zentrums für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung haben mehr als 160.000 Kinder keinen Anspruch auf diesen Bonus, weil ihre Eltern im Jahr mindestens 330 Tage Mindestsicherung oder Arbeitslosengeld bezogen haben. Dazu kommen noch zusätzlich mehr als 300.000 Kinder, deren Familien zu wenig verdienen, um den Bonus auszuschöpfen.
Die Lage ist zu fatal, um in dieser heiklen Materie noch Zeit zu verlieren. In einem der reichsten Länder der Welt, in Österreich, sind 385.000 Kinder armuts- oder ausgrenzungsgefährdet, das sind rund ein Viertel aller Armutsfälle. Von in Ein-Eltern-Haushalten lebenden Kindern sind 45 % betroffen, Familien mit mindestens drei Kindern zu 32 %. Diese traurigen Zahlen stammen gerade aus dem Jahr, in dem die Regierung den Familienbonus eingeführt hat. Der seitens der türkis-grünen Proponenten natürlich nicht die armen Familien, sondern die scheinbare „Leistungsgesellschaft“ im Visier hat.
Ein zielsicheres Modell zur Unterstützung armutsgefährdeter Familien dagegen hat die Volkshilfe ausgearbeitet, die schon längst fällige Kindergrundsicherung. Anspruchsberechtigt ist jedes in Österreich lebendes Kind (bis zur Volljährigkeit), die Auszahlung erfolgt jeweils monatlich an die Erziehungsberechtigten.
Die Höhe der Kindergrundsicherung steigt mit sinkendem Einkommen der Eltern. Alle Kinder erhalten einen Grundbetrag von 200 Euro, der sich aus der Familienbeihilfe für ein Kind ab 10 Jahren (141,50 Euro) und dem monatlichen Kinderabsetzbetrag (58,40 Euro) ergibt und diese ersetzt. Dazu kommt ein Betrag von 425 Euro, der je nach Einkommen der Eltern ausgeschüttet wird.
Kinder in Haushalten unter 20.000 Euro jährlich erhalten den gesamten Betrag von 625 Euro. Bei einem Einkommen über 35.000 Euro wird der Grundbetrag von 200 Euro ausbezahlt, dazwischen wird eine Einschleifregelung schlagend. Dies hätte den sinnvollen Effekt, dass gerade arme Familien mehr Unterstützung bekommen als die ohnehin begüterten Haushalte.
Die Kindergrundsicherung würde ca. 2 Milliarden Euro kosten. Laut einer ersten Analyse würden ca. 45 % den universellen Betrag von 200 Euro und ein Fünftel den Maximalbetrag von 625 Euro erhalten. Die durchschnittliche Höhe der Kindergrundsicherung würde bei 334 Euro im Monat liegen. Die Kosten der einkommensgeprüften Kindergrundsicherung alleine nur für die armutsgefährdeten Kinder würde bei ca. 600 bis 700 Millionen Euro liegen. Somit weniger als die kürzlich beschlossene Senkung der Körperschaftssteuer von 25 auf 23 Prozent (ca. 800 Millionen Euro).
Die Kindergrundsicherung muss daher schnellstmöglich eingeführt werden. Alle Kinder sollen – unabhängig vom Einkommen und Status der Eltern - die gleichen Voraussetzungen hinsichtlich materieller Versorgung, Bildungschancen, sozialer Teilhabe und gesundheitlicher Entwicklung haben. Dies haben auch die deutschen Politiker schon erkannt. Unter dem Motto „Kinder haben Armut nicht gewählt“ planen die Koalitionspartner in spe, SPD, Grüne und FDP, eine Kindergrundsicherung. Der Vorteil in Österreich: Ein Modell liegt hier bereits vor, es fehlt allein der Beschluss im Nationalrat.