„Being boring is a Sin!“ – Pet Shop Boys auf „Greatest Hits“-Tour im Wiener Gasometer…

Mehr als 100 Millionen Tonträger haben Neil Tennant und Chris Lowe aka The Pet Shop Boys seit 1985 verkauft: 14 Studio-Alben, 40 Top 20-Singles in Großbritannien (inkl. 4 Nr. 1-Hits) plus Brit Award 2009 für „Outstanding Contribution to British Music“. Für das erfolgreichste Duo der britischen Musikgeschichte war insofern die Selektion das größte programmtechnische „Problem“ ihrer ersten Greatest Hits-Show, mit denen die beiden im Frühjahr und Sommer 2022 die europäischen Konzerthallen und Clubs beehren. Insgesamt 26 Tracks schafften den Sprung in die von Mastermind Tom Scutt konzipierte Show, der zuletzt mit Preisen für das Musical „Cabaret“ im Kit Kat Club überhäuft wurde.

 

Sänger (und Ex-„Smash Hits“-Journalist) Tennant und Keyboarder Lowe, die sich 1981 zufällig in einem Elektronikladen der Londoner King´s Road kennengelernt haben, starten im Wiener Gasometer strikt minimalistisch, mit seltsamen Kopfbedeckungen und schwarz-weißen Lightpanels im Background. Ohne Band und ohne Tänzer. Der Opener das Vorstadt-Epos „Suburbia“ aus den 80ern. Erst nach einigen Tracks (wie dem U2-adaptierten „Where the Streets have no Name“ und dem mit Videosequenzen angereicherten „Rent“) öffnete sich mit „Left to my own devices“ die gesamte Stage-Struktur. Vor dem Hintergrund greller Projektionen sorgten Percussionisten für den treibenden Sound der Londoner Hit Factory.

 

Auf dem Programm standen natürlich die 4 UK-Nr. 1-Hits der Pet Shop Boys, „West End Girls“ (als Zugabe mit Video-Reminiszenz an die schrille Londoner Szene der 80er), „It´s a Sin“, „Heart“ und das Elvis-Cover „Always on my Mind“. Beim melancholischen „You only tell me you love me when you´re drunk“ griff Tennant überraschend zur Akustik-Gitarre, bei den 70er-angehauchten Party-Hymnen „Go West“ (ein Village People-Cover) und „New York City Boy“ tanzten im Gasometer vereint die Pop-Wave-Generationen der letzten 40 Jahre. Band-Mitglied Clare Uchima versetzte sich kurz in die Rolle der 60er-Ikone Dusty Springfield und trällerte gemeinsam mit Neil Tennant das lässige Duett „What have I done to deserve this“. 

 

Dass die Pet Shop Boys auch noch im neuen Millennium modernen Dance-Pop produzieren, zeigen nicht nur die brandneuen in Berlin aufgenommenen Songs „Monkey Business“ und „Dreamland“ (dessen queerer Duett-Partner Olly Alexander gerade als „Years & Years“ durch Europa tourt), sondern auch der aus dem 2013er-Album „Electric“ stammende Track „Vocal“, der mit technoiden Beats und charismatischen Textzeilen („It's in the music. And everything about tonight feels right and so young“) an den Summer of Rave 1989 erinnert.

 

Melancholie und Sehnsucht nach der verlorenen, unbeschwerten, exzessiven Jugend kommen beim Final Track auf, „Being Boring“, der auf Zitaten der US-Autorin Zelda Fitzgerald aus den wilden 20ern beruht. „We were never being bored. Cause we were never being boring.“ Ein kongenialer Abschluss einer Show, die niemand anderer als Neil Tennant besser kommentieren könnte: „In Dreamworld being boring is a Sin“…