„Das kommende Jahr wird ein ganz starkes Konzertjahr. Es ist wie früher, und das ist einfach schön.“ – Das waren die positiven Prognosen des Veranstalters Ewald Tatar (Barracuda) vor einigen Monaten, und tatsächlich haben seine Prophezeiungen ins Schwarze getroffen. Seit April findet fast täglich ein Konzert-Highlight in Österreich statt. Das reicht von Konzerten, die nach 2 Jahren Corona-Pandemie endlich nachgeholt werden konnten (wie die zwei fast ausverkauften Wanda-Acts in der Wiener Stadthalle oder den Pet Shop Boys im Gasometer), neu arrangierten Gigs (wie den Imagine Dragons im Ernst Happel-Stadion oder Parov Stelar im klassischen Wiener Konzerthaus) bis hin zum Comeback groß angelegter Festivals (wie dem Nova Rock in Nickelsdorf oder dem Donaufestival in Krems). Die Konzertdichte ist aktuell teilweise so hoch, dass Musik-Freaks auf ein Konzert verzichten müssen (und einen Gutschein in Anspruch nehmen), um zeitgleich ein anderes besuchen zu können. Terminstress nicht nur bei den Künstlern, sondern auch beim Publikum, das nach einer langen Durststrecke endlich wieder – ohne Masken und Corona-Beschränkungen – mit tausenden anderen feiern, trinken und tanzen dürfen.
Franz Ferdinand
Die Wiener Arena startete die Open Air-Saison mit der Glasgower Band Franz Ferdinand, die vor fast 20 Jahren mit dem Indie-Track „Take me out“ den Durchbruch schaffte. Dieser zählt auch heute noch zu den absoluten Highlights jedes Konzert-Gigs der Band, die sich allerdings in der Zusammensetzung geändert hat. Von den Gründungsmitgliedern sind noch der charismatische Sänger (und Gitarrist) Alex Kapranos und Bassist Robert Hardy mit an Bord, neu im FF-Team sind Gitarrist Dino Bardot, Keyboarder Julian Corrie (beide seit 2017) und die Drummerin Audrey Tait. Die bis dato bei mehreren schottischen Bands und Projekten aktive Schlagzeugerin feierte bei der „Hits to the Head“-Tour ein mehr als gelungenes Debüt.
In einem fast zweistündigen Greatest Hits-Furioso präsentierten sich Franz Ferdinand auf dem Arena-Gelände in absoluter Bestform: Smart, sexy, to the Beat und mit Dauer-Euphorie Richtung Fans. „All Killer – No Filler“: Kein Hit wurde ausgelassen: Vom Opener „The Dark of the Matinee“, „Do you want to“, den neuen Tracks „Billy Goodbye“ und „Curious“ bis hin zum Avantgarde-Indie-Track „Ulysses“ und zum Superhit „Take me out“. Eine endlos lange Version von „This Fire is out of Control“ beendete das Hit-Feuerwerk der schottischen Brit-Popper. Out of Control war auch die generationenübergreifende Fan Crowd in der Wiener Arena, endlich wieder Live-Feeling in Vienna.
Dua Lipa
Dua Lipa trat im Sommer 2016 noch beim Wiener Donauinselfest auf, als Pre-Act auf der Main Stage unter brütender Sonnenhitze. Heute zählt die in London geborene Kosovarin zu den größten Stars der Pop- und Dance-Szene. „Dua“ ist kein Künstler-Name, sondern der von der Großmutter vorgeschlagene tatsächliche Vorname der Künstlerin, auf deutsch „ich liebe“. Love, Euphorie und Enthusiasmus stehen auch im Mittelpunkt der „Future Nostalgia“-Tour, mit der Dua Lipa auch die österreichischen Fans in der ausverkauften Wiener Stadthalle beehrte. Eine (fast zu) perfekt inszenierte 90 minütige-Show mit Band und 10 Tänzern und Tänzerinnen, deren Namen gleich zu Beginn – im Rahmen des 80er-Openers „Physical“ – auf einer Ebene mit Dua Lipa bekanntgegeben wurden.
Viele der jungen (weiblichen) Fans sangen von Beginn an alle Titel mit, während Dua Lipa mit einem riesigen Lobster (!) flirtete, mit dem auf den Video-Screens eingeblendeten Duett-Partner Elton John den Mega-Hit „Cold Heart“ schmetterte oder – inmitten einer künstlichen Galaxis – im sexy Galliano-Outfit bei „Levitating“ auf einer Plattform durch die Stadthalle schwebte. „Welcome to the Club Future Nostalgia“, das Motto des 3. Akts der schweißtreibenden vierteiligen Dua Lipa-Show. Die Tracks „One Kiss“, „Electricity“ und „Hallucinate“, für viele der rund 13.000 Fans der erste faszinierende Eintritt in die glamouröse Disco-Welt Ibizas, Londons oder New Yorks. Mit der Zugabe „Don´t start now“ endete der Rausch noch lange nicht, die begeisterten Fans tanzten weiter, zum Saalräumer „I wanna dance with somebody“ Whitney Houstons. Music takes u high. Kann es Schöneres geben?
Green Day
„It took us 2 years to get here, but we made it!“ schmetterte Green Day-Sänger Billie Joe Armstrong in das prallgefüllte Ernst Happel-Stadion. Die US-Punk-Band, die 1994 mit ihrem Album „Dookie“ kurz nach dem Selbstmord Kurt Cobains den Zeitgeist der adoleszenten Rock Generation traf, ist gemeinsam mit ihren musikalischen Kollegen von Fall Out Boy und Weezer auf einer monatelangen „Hella Mega Tour“ durch Stadien und Konzerthallen.
Armstrong, selbst gerade erst 50 geworden, merkt man sein Alter kaum an. Nach einem „Bohemian Rhapsody“-Intro und einem witzigen „Drunken Bunny“-Auftritt (zum „Blitzbop Krieg“-Sound der Ramones) stürmt Armstrong die Bühne des Happel-Stadions und erobert mit dem Opener „American Idiot“ sofort die Herzen der Besucher. 2 weibliche Fans werden im Rahmen der Show auf die Bühne geholt und dürfen dort vor rund 40.000 Fans mit Armstrong singen und Gitarre spielen, dazu Pyrotechnik, Klamaukeinlagen und zahlreiche aufpeitschende Vocals und Gesten seitens der Band. Die man durchaus auch weglassen hätte können. Denn die mitreißende Setlist von Green Day strotzte nur von Superhits aus der über 30jährigen Karriere der Band: Das bereits erwähnte Bush-kritische „American Idiot“, „Know your Enemy“, „Boulevard of Broken Dreams“ (bei dem das ganze Stadion mit Handy-Lights erleuchtet wurde), „Holiday“, „21 Guns“ und natürlich „Wake me up before September Ends“, ein Tribut an Armstrongs früh verstorbenen Vater, das sich durch den Video-Clip zu einer Anti-Kriegshymne entwickelte. „Rock´n Roll never dies!“