16 Fußballfelder täglich: Stopp dem exzessiven Bodenverbrauch in Österreich!

„Die unendliche Geschichte“, als Buchlektüre und Kinoverfilmung immer ein Vergnügen, in der Politik und im Umweltschutz dagegen Unverständnis, Beklemmung und Wut zugleich. Eines jener Themen, das seit Jahrzehnten von wechselnden Regierungen sträflich vernachlässigt wird, ist der Bodenverbrauch in Österreich. Und das, obwohl bereits in der Nachhaltigkeitsstrategie 2002 (!) von der damaligen Bundesregierung festgelegt wurde, dass bis 2010 (!) maximal 2,5 Hektar pro Tag zu verbrauchen sind. 

 

„Der Weltraum, unendliche Weiten, wir schreiben das Jahr 2024“, und die aktuellen Zahlen sollten eigentlich jeden umweltbewussten Österreicher auf die Straße treiben. So werden derzeit täglich (!) in Österreich 11,5 Hektar Fläche verbaut, das entspricht einer Größe von 16 Fußballfeldern. Der jährliche Zuwachs an Flächenverbrauch betrug 2022 43,7 km2, davon 23,9 versiegelt (und somit komplett wasserundurchlässig). Die Folgen des hohen Bodenverbrauchs sind ebenso bekannt wie wissenschaftlich anerkannt: Die Kühlfunktion des Bodens geht verloren, Überschwemmungen und Trockenheit steigen, zubetonierte Flächen sorgen vor allem in den Städten für neue Hitzerekorde, die Artenvielfalt der Tiere und Pflanzen sinkt, und immer mehr Gebiete werden der Lebensmittelversorgung entzogen. Trotz dieser Negativeffekte dreht sich die gefährliche Spirale weiterhin in die falsche Richtung.

 

Shopping Center

 

Einer der Faktoren für den hohen Bodenverbrauch sind die zahlreichen Shoppingcenter und Gewerbeparks an den Stadträndern, die gleichzeitig dafür verantwortlich sind, dass die Ortskerne sowohl wirtschaftlich als auch sozial aussterben und vor allem die Einwohner kleinerer Ortschaften ohne periodische Öffi-Verbindungen auf das Auto angewiesen sind. Österreich hat die höchste Anzahl an Supermärkten pro 100.000 Einwohner in der EU, die Versorgungsdichte liegt laut Wirtschaftskammer bei 60 Geschäften pro 100.000 Einwohner, in Deutschland beträgt diese vergleichsweise 40, in Italien und Frankreich nur 28.

 

Österreich weist weiters mit rund 14 Metern Straße pro Kopf eines der dichtesten Straßennetze Europas auf. Alle Straßen zusammen ergeben 127.500 Kilometer, das sind mehr als drei Erdumrundungen am Äquator.

 

In den letzten 40 Jahren gingen laut Greenpeace durch Verbauung landwirtschaftliche Flächen in der Größe des Burgenlandes verloren. Und das, obwohl aktuell 40.000 Hektar Gebäudeflächen leerstehen. Dieser Wert entspricht – man kann es kaum fassen - der Gesamtfläche der Bundeshauptstadt Wien.

 

Diese hier genannten Fakten wurden schon in zahlreichen Publikationen veröffentlicht, in Medien, egal ob analog oder digital, verbreitet, im Rahmen von Volksbegehren und Demonstrationen postuliert. Trotzdem reagiert die Politik nicht angemessen, vermutlich ferngesteuert durch Wirtschaftskonzerne (die sich auf der grünen Wiese das große Geld erhoffen), Auto-Lobbyisten und potentielle Einfamilien-Häuslbauer. Das Schielen auf Wählerstimmen alleine kann es nicht sein, denn laut einer Umfrage des Market-Instituts kritisieren 82 Prozent der Österreicher die grassierende Bodenverbauung für Shoppingcenter, Straßen, Industrie und Immobilien. 

 

Petition

 

Die progressiven Kräfte werden daher auch nicht müde, Initiativen gegen die Bodenvernichtung in Österreich zu starten. In einer Petition mit dem Titel „Stoppt die Bodenversiegelung“ fordert Greenpeace eine Reduktion des Bodenverbrauchs auf 2,5 Hektar pro Tag bis spätestens 2030 und einen Verbauungsstop natürlicher Boden ab 2040. Viele weitere Maßnahmen liegen auf der Hand und müssten von den zuständigen Polit-Gremien nur umgesetzt werden. 

 

Maßnahmen

 

Zumindest zur Einführung einer Leerstandsabgabe steht derzeit eine Gesetzesnovelle der türkis-grünen Bundesregierung in Begutachtung, verbunden werden sollte diese mit einer österreichweiten Leerstands-Datenbank und einer gesetzlichen Festlegung, dass Baulandwidmungen nur dann genehmigt werden dürfen, wenn in einer Gemeinde keine angemessenen Innenentwicklungspotentiale (im Sinne von Baulücken, Brachflächen oder Ausbaumöglichkeiten) vorliegen. Die Kommunalsteuer sollte verpflichtend zwischen den umliegenden Gemeinden geteilt bzw. an ökologische Kriterien gekoppelt werden. „Gegenwärtig werden ja bauwütige Gemeinden mit ihren Gewerbeparks über die Kommunal- und Grundsteuer belohnt“, so die Steuerexpertin Margit Schratzenstaller. Gleichzeitig sollten Förderprogramme für kleine Lebensmittelgeschäfte in den Ortszentren gestartet werden, damit die Einwohner weiterhin in ihrem Wohnbereich einkaufen können und das soziale und kommunikative Leben in den Dörfern nicht ausstirbt.

 

Die Lage ist ernst, es ist bereits seit einigen Jahrzehnten fünf Minuten nach 12. Das „Perpetuum Mobile“ der Bodenvernichtung muss endlich gestoppt werden. Eine Win-Win-Alternative für das Klima, den Umweltschutz, die Lebensmittelversorgung, die Tier- und Pflanzenwelt, den grünen Tourismus und das gesellschaftliche Leben in den liebenswürdigen und noch lebenswerten Gemeinden und Dörfern Österreichs.