Strafprozessrecht: Endlich Erhöhung des Verteidigungskosten-Ersatzes bei Freisprüchen

„Vom Regen in die Traufe“ – So konnte man bis dato die Situation beschreiben, wenn Angeklagte bzw. Beschuldigte zwar freigesprochen wurden, aber durch die hohen Verteidigungskosten in finanzielle Probleme gerieten. Der Tierschützer Martin Balluch, der ehemalige Grün-Politiker Christoph Chorherr oder Ex-Vizekanzler Heinz Christian Strache stehen hier nur als Pate für zahlreiche Nicht-Promis, die durch Gerichtsprozesse in den Privatkonkurs schlitterten. Die Rechtslage hat sich nun für Freigesprochene durch eine von allen Parteien unterstützte Novelle der Strafprozessordnung endlich verbessert.

 

Rückwirkend ab 1. Jänner 2024 gewährt der Bund auf Antrag jetzt nicht nur einen Kostenbeitrag zum Hauptverfahren 

(§ 393a), sondern auch zum Ermittlungsverfahren (§ 196a StPO). Außerdem wurden – bei einer Verdreißigfachung (!) des Budgets - die Pauschalbeträge immens erhöht. Der Höchstbetrag bei Schöffen- und Geschworenengerichtsverfahren beträgt nun 30.000 Euro (vorher: 5.000 bzw. 10.000 Euro), bei Einzelrichterverfahren am Landesgericht 13.000 Euro (statt 3000 Euro) und bei Hauptverfahren vor dem Bezirksgericht 5.000 Euro (vorher: 1.000 Euro). Beim bloßen Ermittlungsverfahren beträgt der Höchstbetrag 6.000 Euro.

 

Zusätzlich wurde sowohl bei der Kostenerstattung im Ermittlungs- als auch im Hauptverfahren ein Mehrstufensystem eingeführt. Im Hauptverfahren kann beispielsweise der Kostenbeitrag bei längerer Dauer der Hauptverhandlung (ab ca. 10 Verhandlungstagen) um die Hälfte überschritten werden. Bei einem extremen Umfang des Verfahrens kann der Kostenbeitrag auf das Doppelte erhöht werden. Kriterien sind hier u.a. die Dauer der Hauptverhandlung und der Umfang des Akteninhalts. Zu berücksichtigen sind hier alle Phasen des Strafverfahrens, also vom Ermittlungs-, Haupt- bis zum Rechtsmittelverfahren.

 

In den Erläuterungen wird ausführlich dargelegt, dass laut VfGH kein verfassungsrechtlicher Anspruch des Angeklagten auf Ersatz der Verteidigungskosten bestehe bzw. der Gesetzgeber hier einen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum hat. Ersetzt werden außerdem nicht alle Verteidigungskosten, sondern nur ein durch einen Einzelrichter festgelegter Betrag (der die tatsächlichen Kosten unterschreitet). In bestimmten Fällen ist – wie bisher – ein Ersatzanspruch ausgeschlossen, zum Beispiel dann, wenn der Angeklagte den Verdacht selbst vorsätzlich herbeigeführt hat oder die Tat im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit begangen hat.