Mad Cool: Festival-Inferno unter der heißen Sonne Madrids

Summertime ist Festival Time für alle, die im kollektiven Rausch mit tausenden anderen Musikfans das Leben feiern wollen. Eines der Highlights: Das seit 2016 in der spanischen Hauptstadt Madrid stattfindende Mad Cool Festival. Oder auch „European Coachella“, wie es die Briten gerne nennen. Tatsächlich hat das spanische Festival einen gewaltigen Vorteil gegenüber den UK-Festivals (a la Glastonbury): Regen nahezu ausgeschlossen, stattdessen Temperaturen um die 35 Grad aufwärts, die allerdings nicht nur durch den späteren Beginn (ab ca. 18 Uhr), sondern auch durch viel Trinkwasser (und Bier?) kompensiert werden.

 

2024 fand das Mad Cool Festival vom 10.-13. Juli zum zweitenmal hintereinander im südlichen Madrider Distrikt Villaverde statt. Der Espacio Mad Cool ist per Metro-Linie und nach einem ca. halbstündigen, schweißtriefenden Fußmarsch leicht erreichbar. Für die spanische Hauptstadt Madrid ist Mad Cool ein wichtiger Wirtschafts- und Tourismusfaktor: 46 Millionen Euro wurden laut Analyse einer Beratungsfirma durch das Mad Cool Festival 2023 lukriert. 38 % der Besucher kamen direkt aus Madrid, 26 % aus dem restlichen Spanien und 36 Prozent aus dem Ausland.

 

Insgesamt 6 Stages warteten 2024 auf die täglich rund 60.000 Musikfans, darunter die zwei, abwechselnd bespielten Main Stages und die überdachte „Loop“-Stage für die House- und Technocommunity. Getränkebars sind über das gesamte Gelände verstreut, ein eigenes Street Food-Areal lockt mit exquisiten Spezialitäten, bezahlt wird cashless per Wristband. Wer sich mit seiner Clique oder neuen Bekanntschaften unterhalten will oder einfach nur müde ist vom Sound-Overkill, kann sich auf dem gemütlichen Rasen niederlassen, Platz ist zwischen den einzelnen Stages genug.

 

Insgesamt 89 Bands und Artists standen auf dem diesjährigen Line-Up, eine bunte Mischung aus aktuellen Superstars, Kult-Bands der Vergangenheit, Newcomern kurz vor dem internationalen Durchbruch und spanischen Indie-Acts. 

„If I´m acting a wee bit weird it´s because I´m a goth. I was a goth, when I was 13, and I´m a goth now“, so scherzte Garbage-Sängerin Shirley Manson bei ihrem Auftritt unter der heißen Sonne Madrids am ersten Tag des Mad Cool-Festivals. Einer ihrer Superhits aus den 90ern, „Only happy, when it rains“, hatte hier durchaus seine amüsante Note. Andere Heroen der Nineties, The Smashing Pumpkins, folgten gegen Mitternacht mit einem Mix aus neuen Tracks und alten Hits (wie „1979“ und „Tonight Tonight Tonight“). Headliner des ersten Tags war aber zweifelsohne Dua Lipa, die mit einer perfekt choreographierten Show und einem 90minütigen Hit-Feuerwerk (von „Be the One“, „Physical“ bis hin zu „Cold Cold Heart“ und „Houdini“) für eine spanische Fiesta vor der Bühne sorgte. Motto: „Radical Optimism“. Und einfach einmal die schlechten Nachrichten vergessen, die täglich durch die Medien auf die Menschen niederprasseln.

 

Am Tag 2 des Festivals waren die Metros prall gefüllt mit durchwegs älteren Rockfans, die nicht immer das richtige Grunge-T-Shirt aus der Garderobe holten. Die Seattle-Heroes von Pearl Jam standen auf dem Programm mit einem zweistündigen Set. Britischer Jungle-Sound von Nia Archives lockte das progressivere Publikum Richtung Orange-Bühne. „Silence is Loud“, so heißt das großartige Debüt-Album der 24jährigen Londoner Künstlerin, die mit Live-Vocals und DJ-Mixing viele neue Fans zum Ausflippen brachte. Wer die ganze Nacht zu elektronischer Musik abtanzen wollte, musste nur Richtung „Loop“-Stage driften: Bonobo, Carlita, Jayda G., DJ Koze, 2 Many DJ´s – nur einige der hochkarätigen Acts, die auf dem überdachten Dancefloor bis 2 Uhr früh für Ibiza-Atmosphäre sorgten. 

 

Mando Diao aus Schweden, Nothing but Thieves mit ihrer „Dead Club City“-Show, die kanadische Punk-Rock-Band Sum 41 auf Abschiedstour, Bring me the Horizon, Tom Morello von Rage against the Machine, die britische Pop-Diva Jessie Ware, Gaslight Anthem, Greta van Fleet, Paul Kalkbrenner, die mexikanischen Hardrockerinnen von The Warning (die durch die Absage Tygas auf der Main Stage debütierten), dazu zahlreiche weitere Newcomer-Acts wie The Crawlers, Sea Girls oder Picture Parlour aus Manchester. Jeder einzelne Auftritt ein Highlight für sich selbst im Kaleidoskop des großartigen Mad Cool-Lineups.

 

„Rock´n Roll never dies“, das war das selbstbewusste Zitat der jungen römischen Rocker von Maneskin nach ihrem sensationellen ESC-Sieg. Drei Jahre später brillieren Sänger Damiano David, sexy Bassistin Victoria de Angelis, Gitarrist Thomas Raggi (der bei Tom Morello zuvor einen Gastauftritt hinlegte) und der kraftvolle Drummer Ethan Torchio als After Midnight-Headliner des 3. Tages. Im Gepäck eine mitreißende Setlist von „Zitti E Buoni“, „Beggin“ bis hin zu „Honey“ und „I wanna be your slave“. 

 

Schon länger im Geschäft, aber a la Dorian Gray kaum gealtert, ist Avril Lavigne, die am Samstag mit Champagner und Konfetti spritzte und ihre Superhits „Complicated“ und „Sk8er Boy“ in kurzem Rock und Kniestrümpfen präsentierte, als wäre es noch immer 2002. Den Abschluss auf der Main Stage lieferten The Killers aus Las Vegas, die nach einer O2-Residency in London in bester Spiellaune waren und mit Hits wie „Somebody told me“, „Mr. Brightside“ und „Human“ für einen perfekten Rockausklang des Festivals sorgten.

 

Die beste Review zum Mad Cool Festival kam übrigens vom britischen Clash Magazine: „If you love sunshine, great music and excellent, feel-good vibes, this is definitely a festival you will want to seriously consider booking tickets for next year.“ Adios bis 2025…