Kapitolinische Museen, Vatikanische Museen, Villa Giulia, Galleria Borghese, das Museo Nazionale Romano,… - Rom ist eine Stadt, die für Kunstliebhaber keine Wünsche offen lässt. Was allerdings lange fehlte, war ein eigenes Museum für zeitgenössische Kunst. Erst 1998 wurde seitens des italienischen Kulturministeriums ein internationaler Wettbewerb ausgeschrieben, für den sich 273 (!) Teilnehmer bewarben. Als Siegerin wurde die 2016 verstorbene irakisch-britische Architektin Zaha Hadid auserkoren, die für die Stadt Rom ein futuristisches Meisterwerk konzipierte. Bis zur Fertigstellung dauerte es noch zehn Jahre (und sechs Regierungen), bis 2010 das Projekt auf einem ehemaligen Kasernenareal im Stadtteil Flaminio (nördlich des historischen Zentrums) eröffnet wurde.
Der trendige Name des 150 Millionen Euro teuren Museums: MAXXI (= Museo nazionale delle arti del XXI secolo). Hadid, die 2004 als erste Frau den Pritzker-Architektur-Preis gewonnen hat und in Wien übrigens das Learning and Library Center der neuen Wirtschaftsuniversität geschaffen hat, integrierte das Museum mittels extravaganter L-Form unmittelbar in das römische Viertel. Der Innenraum enthält weiträumige Galerien, Schrägen, Rampen und Kurven, die einzelnen Stockwerke sind durch freischwebende schwarze Treppen miteinander verbunden. Das gesamte Gebäude hat eine Fläche von 29.000 m2, die Ausstellungsfläche beträgt 10.000 m2. Untergebracht ist im Maxxi nicht nur ein Kunst-, sondern auch ein Architekturmuseum, dazu ein Hörsaal, ein Forschungszentrum mit Bibliothek, eine Buchhandlung, eine Cafeteria und ein Restaurant mit Bar.
Die Ausstellungen wechseln alle paar Monate. Derzeit präsentierte die galleria 1 im Untergeschoß unter dem Titel „Passegiate Romane“ einen ungewöhnlichen Streifzug durch die Geschichte Roms. Dazu zählen nicht nur Artefakte aus der Galleria Borghese, der La Gallerie Nazionale und den Kapitolinischen Museen (wie antike Vasen, alte Tempel- und Mauerkonstruktionen oder ein Kolosseum-Bild des italienischen Malers Canaletto), sondern auch Straßenlaternen, Abfallcontainer, Mülleimer, Comic-Bilder und schrille Street Art. Das Konzept wurde erstellt vom italienischen Szenenbildner und Oscar-Gewinner Dante Ferretti.
In den oberen Stockwerken taucht man ein in die immersive Welt von 19 weiblichen Künstlerinnen. „Ambiente 1956-2010 – Environments by Women Artists II“ nennt sich die in Zusammenarbeit mit dem Münchener Haus der Kunst beeindruckende Ausstellung, bei der die Besucher barfuss die spannenden Kunstwerke erforschen können. Ein Riesenspaß auch für Kinder. Von der litauischen Künstlerin Aleksandra Kasuba stammt beispielsweise die regenbogenfarbene „Spectral Passage“ (1975), die man so oft durchwandern kann wie man will. Das Motto: „Every experience is unique. Some transform us. This is an invitation to engage.“
Lea Lublin lädt mit ihrer Installation „Penetracion/Expulsion“ zu einem Marsch durch eine 18 Meter lange, transparente Hülle, die auf die menschliche Fortpflanzung verweist. Die Südtirolerin Esther Stocker ist mit einer fast hypnotischen Schwarz-Weiß-Raum-Installation vertreten. Chillige Atmosphäre zu den Klängen von Chris Isaaks „Wicked Game“ bietet eine Video-Installation der Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist („Sip my Ocean“), bei der man sich gemütlich auf Polstern niederlassen kann. Faszinierend träumerisch ist auch der „Bird Tree“ der deutschen Klangkünstlerin Christina Kubisch, bei der der kopfhörertragende Besucher mittels Bewegungen den Singgeräuschen von Vögeln lauschen kann.
Es lohnt sich also bei einem Rom-Trip nicht nur die traditionellen, meist komplett überrannten Museen im historischen Zentrum zu besuchen, sondern auch auf der Piazzale Flaminio (nördlich der wunderschönen Piazza del Popolo) in die Tram 2 zu steigen und bei der Station Apollodoro gleich links Richtung Maxxi zu flanieren. Mit einem doppelten Kunstgenuss: Denn das Hadid-Museum ist selbst ein Kunstwerk…