Vorwärts in die Vergangenheit: Spotlight mit Udo Huber in Krems

Österreich feiert dieses Jahr „100 Jahre Radio“: Am 1. Oktober 1924 begann der Sendebetrieb der RAVAG, der Radio-Verkehrs-AG. Gesendet wurde damals aus der Wiener Johannesgasse 4, dort, wo sich heute die Musik und Kunst Privatuniversität (MUK) befindet, und zwar 3,5 Stunden täglich mit bis zu 100.000 Hörern in den ersten Monaten. 100 Jahre später hören mehr als sechs Millionen Menschen in Österreich täglich Radio, egal ob die noch immer tonangebenden ORF-Radios (mit rund 4,5 Millionen Hörern täglich), die zahlreichen Privatsender oder diverse Internet-Radios. 

 

Anfänge

 

Einer, der bereits 50 Jahre die österreichische Radiolandschaft prägt, ist der Wiener Udo Huber. Der damalige Theaterwissenschafts-Student startete im Mai 1974 seine Karriere in der Ö1-Kulturredaktion. Die ersten Spuren: Ein Beitrag über den Volkstheater-Direktor Gustav Manker im Mittagsjournal. Nach diversen Einsätzen beim Club Ö3 und beim Treffpunkt Ö3 bekam er am 1. November 1981 die große Chance als Nachfolger Hans Leitingers für die Hörerhitparade „Hit wähl mit“. 

 

Mr. Hitparade

 

Die Nummer „656731“ (bei der Hörer ihren Lieblingshit bekanntgeben konnten) wurde nicht nur zur Trademark für die Ö3-Charts, sondern auch für Udo Huber selbst, der ab 1983 zusätzlich die Fernsehhitparade „Die Großen 10“ übernahm. Gekleidet meist im heute legendären Overall präsentierte der Fan britischer Pop-, Rock- und New Wave-Musik die Top 10 der Charts in Form von Musikvideos, garniert mit nationalen und internationalen Live-Gästen. Die Quote war sensationell: Einmal im Monat versammelten sich sonntags um 17.45 Uhr – in einer Zeit ohne PC, soziale Medien, YouTube und Privatkanälen – mehr als eine Million Zuschauer vor dem Fernseher. Bis 1993 war Huber im TV als „Mr. Hitparade“ im Einsatz, im Radio sogar bis 1997, neben Casey Kasem („American Top 40“) vermutlich der längstdienende Chartmoderator weltweit.

 

Retro-Kult

 

New Romantics, Neue Deutsche Welle, Italo Disco, High Energy, Grunge, Hip Hop, Eurodance, Techno: Zahlreiche Musiktrends (die teils gingen, teils blieben, teils miteinander verschmolzen) grassierten in den 80ern und 90ern. Eine Zeit, mit der nicht nur musikalische Erinnerungen verbunden sind, sondern auch die erste große Liebe, rauschige Abstürze, tolle Party-Nächte, exzessive Urlaubstrips oder modische Entgleisungen. Und so schossen in den 2000er-Jahren zahlreiche Retro-Parties wie Pilze aus dem Boden, in Krems unter der Trademark „Spotlight“ zum ersten Mal 2005 im Kremser Stadtsaal. Mit an Bord der damals bei Privatsendern eingesetzte Udo Huber. 

 

Spotlight Nr. 59

 

„Diese Party gehört zu meinem Leben seit vielen Jahren, eigentlich Jahrzehnten. Willkommen zu Österreichs ältester und einzigartigster Retroparty“: So begrüßte der Kult-Moderator die Gäste und Veranstalter Martin Neger zur 59. „Spotlight“-Ausgabe im Autohaus Birngruber. „Das Motto ist nicht „Zurück in die Zukunft“, sondern „Vorwärts in die Vergangenheit“. Der erste Track: „Video killed the Radio Star“ der Buggles oder eigentlich „Video DIDN´t kill the Radio Star“ (Udo im Originalton) unter Bezugnahme auf das 100jährige Radio-Jubiläum. Gleich als zweiten Song präsentierte Udo Huber seine erste Nr.1 als junger „Hit wähl mit“-Moderator, Soft Cell´s „Tainted Love“ mit Sänger Marc Almond, der erst dieses Jahr das Wiener Volkstheater mit einer Greatest Hits-Show beehrte. 

 

Der Dancefloor war jetzt offiziell eröffnet und schnell prallvoll. On the Turntables wie immer DJ Chosn und VJ Christian, auf zwei Bildschirmen flimmerten die besten Musikvideos der 70er, 80er und 90er, von Visages avantgardistischem New Wave-Track „Fade to Crey“, Aha´s genialem Comic-Reality-Clip „Take on me“ bis hin zu Nenas 99 Luftballons und Joan Jett´s „I love Rock´n Roll“. Hinter dem Mikro Zeremonienmeister Udo Huber mit lockeren Sprüchen zum bunten Sound-Mix aus NDW-Classics („Major Tom“, „Codo“, „Blaue Augen“ mit den cool-bezaubernden Humpe-Sisters), kitschigem Eurotrash ("Coco Jamboo“, „Barbie Girl“), Rock-Classics („Summer of 69“, „Narcotic“, „Time Warp“), Disco-Anthems („Dancing Queen“, „Funky Town“, „I will survive“, „Kiss“) und Tanzkurs-Dirty Dancing-Klassiker wie „The Time of my Life“.

 

Sports

 

Udo Huber selbst können diese turbulenten Nächte kaum etwas anhaben, denn der 1953 geborene Musik-Freak („Das Radio feiert 100 Jahre. Ich auch bald! Aber das ist eine andere Geschichte.“) ist top-fit. Trotz einer Knieoperation im Mai gewann der Wahlburgenländer kürzlich zwei Medaillen beim Austrian Masters im Schwimmen in Villach. Und zwar Silber über 400 m Kraul und Gold über 200 m Schmetterling (!). Nicht nur die Kremser dürfen sich also auf weitere Retro-Nights freuen. Und natürlich auf seine wöchentliche Freitags-Nachmittags-Sendung auf Radio Burgenland (13-18 Uhr)…