The Sky is the Limit: Frankfurts Wolkenkratzer

Kolosseum, Eiffelturm, Big Ben, Stephansdom, Manneken Pis,… -  Die Wahrzeichen der europäischen Metropolen sind so unterschiedlich wie die Städte selbst und deren Bewohner. Im deutschen Finanzzentrum Frankfurt mussten die Bürger erst von der Sinnhaftigkeit ihrer späteren Wahrzeichen überzeugt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg hoffte man vergebens auf den ehrenwerten Titel der Bundeshauptstadt und des Regierungssitzes (Bonn bekam den Zuschlag), stattdessen wurde Frankfurt zum Sitz der Deutschen Bundesbank und in Folge zu einer City der Banken und Versicherungen. Diese benötigten Büro- und Geschäftsflächen, und so wurde zusehends immer mehr in die Höhe gebaut. Das erste Hochhaus, das den Kaiserdom überragte, war der 1961 fertiggestellte Henninger-Turm mit einer Höhe von 119,5 Metern, 2013 wurde dieser übrigens abgerissen.

 

In den 70ern entstand zwischen der Hauptwache und dem Bahnhofsviertel das sogenannte Bankenviertel. Zahlreiche ältere Häuser wurden abgerissen, die Proteste mündeten in den „Frankfurter Häuserkämpfen“, denen sich vor allem linke Revolutionsbewegungen (mit prominenten Teilnehmern wie dem späteren Außenminister Joschka Fischer und dem früheren EU-Parlamentsabgeordneten Daniel Cohn-Bendit) anschlossen. Der Bau-Boom konnte allerdings dadurch nicht aufgehalten werden, er erlebte im Gegenteil durch die Wiedervereinigung und die Gründung der Europäischen Zentralbank (ebenfalls in Frankfurt) einen weiteren Höhepunkt.

 

Heute gibt es aktuell in Deutschland 19 Wolkenkratzer (mit über 150 Metern Höhe), 18 davon stehen in Frankfurt – einzige Ausnahme der Post Tower in Bonn. Der höchste Wolkenkratzer ist der Commerzbank Tower in der Großen Gallusstraße (im Bankenviertel). Das vom Stararchitekten Norman Foster konzipierte Gebäude mit insgesamt 56 Stockwerken schießt 259 Meter in die Höhe, inklusive Antenne sogar 300 Meter, und ist damit das zweithöchste Gebäude der EU (nach dem Warschauer Varso Tower). 

 

Im Gegensatz zu New York sind die Wolkenkratzer Frankfurts nicht öffentlich zugänglich. Die einzige Ausnahme: Der Main Tower in der Neuen Mainzer Straße, Platz 5 in den Skyline-Charts mit einer Höhe von 200 Metern (bzw. 240 Metern inkl. Antenne). Gegen eine Eintrittsgebühr von 9 Euro kann jeder Interessierte (ohne Höhenangst) – nach Durchschreiten einer Sicherheitsschleuse – 200 Meter per Hochgeschwindigkeitslift nach oben düsen. Auf einer Aussichtsplattform wartet ein perfekter Panorama-Blick auf die Stadt Frankfurt und ihre faszinierende Skyline. Wer gerne Fotos von unten schießt, für den empfiehlt sich ein Spaziergang direkt am südlichen Main-Ufer (nahe dem Hauptbahnhof) oder auf den nahegelegenen Brückenüberquerungen (wie dem Eisernen Steg oder dem Holbeinsteg).

 

Die Hochhaus-Mania nimmt trotz vermeintlicher Sättigung kein Ende. 2024 wurde mehrheitlich in der Frankfurter Stadtverordnetenversammung ein neuer Hochhausentwicklungsplan beschlossen. Es sollen zehn neue Wolkenkratzer bis zu 200 Meter Höhe gebaut und vier bestehende Hochhäuser auf bis zu 210 Meter aufgestockt werden. Im Zentrum der Überlegungen steht dabei eine gemischte Nutzung aus Büro- und Wohnungsflächen. Eine Hochhauspromenade mit integrierter Kulturmeile bzw. Gastronomie, Bildungsstätten und Kindergärten in den unteren Geschossen soll entlang der Wallanlage errichtet werden. 

 

Die Kritik der Linken ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. „Frankfurt braucht keine weiteren Prestige-Betonriesen mit leerstehenden Büroflächen und Wohnungen, die zu Mondpreisen verhökert werden oder als reine Anlageobjekte leerstehen, sondern bezahlbaren Wohnraum und Schulen“, so deren planungspolitischer Sprecher Eyup Yilmaz. Zu unterschätzen ist auch nicht der gesellschaftliche Sprengstoff, der durch die immer größer werdende Diskrepanz zwischen Reich und Arm entsteht. Und das in unmittelbarer Nachbarschaft zwischen dem mondänen, elitären Bankenviertel und dem mit Drogen, Kriminalität, Obdachlosigkeit und sozialem Abstieg versehenen Bahnhofsviertel…