Die Tage werden immer kürzer, die Nächte dunkler, manchmal auch die Stimmung depressiver. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Licht eine positive Wirkung auf das menschliche Wohlbefinden und die Lebensenergie hat. Insofern ist der November daher eine ideale Zeit für das bereits zum vierten Mal stattfindende Lichtfest in der Kremser Altstadt. Die Kuratoren Jakob und Kerstin Wiesmayer selektierten insgesamt 10 Stationen, die von internationalen und nationalen Künstlern und Kollektiven konzipiert wurden. Knapp nach Sonnenuntergang gingen die „Lights on“, der Startschuss für eine Magical Light Tour durch die Kremser Gassen, Straßen, Plätze und Parks.
In der Kremser Landstraße bespielte die Raum- und Design-Strategin Laura Krok das Wahrzeichen der Stadt, das Steinertor, mit bunten Rastern, Häuserskizzen und Strichmännchen. Sie betrachtet die Stadt als ein Konglomerat aus Gebäuden, den dort lebenden Menschen mit ihren gesellschaftlichen Beziehungen und der Vielzahl an Verbindungen und Netzwerken in Form von Straßen, Rad- und Fußwegen. In der Ursulakapelle erzeugte der in Rotterdam lebende Künstler Zalan Szakacs mit Farbfiltern, Klang und Nebel eine grell-düstere Raumatmosphäre. Eine Reminiszenz an das Mittelalter. Damals bestanden die Fenster der Ursulakapelle noch aus buntem Glas. Nach dem Stadtbrand 1532 wurde bei der Restauration dagegen auf das farbige Fensterglas verzichtet.
In der Kirchengasse befestigte Wolfgang Novotny ein aus Schnüren bestehendes Rhombennetz, das dem Langhausgewölbe der Piaristenkirche nachgestellt ist. Das Foyer der Gozzoburg, einst Wirkungsstätte des gleichnamigen Stadtrichters und Habsburgerbesitz, wurde beleuchtet durch eine Neonlicht-Skulptur der Wienerin Miriam Hamann.
Ein paar Meter weiter geht die Tour dann links abwärts in die schmale Rabengasse, die Richtung Landstraße führt. Genau dort, wo die Treppen beginnen, hat der in Palma lebende Wiener Mediendesigner David Osthoff seine „Zwischenwesen“ positioniert. Eine Mutter mit Kind schreitet per Lichtprojektion die Treppen hinab, während gleichzeitig Nebelschwaden aufwallen. Es erscheinen schemenhaft u.a. ein Hirsch, Jugendliche mit Handys, schaurige Figuren aus der Vergangenheit. Verruchte Geisteratmosphäre in einer der ältesten Gegenden der Stadt. „Was bleibt, wenn wir nicht mehr sind?“, die zentrale Frage Osthoffs hinter dieser beeindruckenden Installation.
Den Night-Trippern eröffnen sich jetzt zwei Optionen, zurück ins Kremser Bermuda Dreieck und dort ein paar Drinks im Disco-Licht kippen. Oder ab in den nördlichen Kremser Stadtpark zur Lichtprojektion Nico Aimars. Dieser erzeugt mit statischen Lichtbildern inmitten der Bäume, Büsche und Wiesen eine „new landscape“. Man merkt, dass der gebürtige Franzose jahrelang als DJ und Sound Designer in Berlin tätig war. Und tatsächlich fehlt im spärlich erleuchteten Park-Areal nur eines: Hypnotische Dance-Beats, um sich ganz in der Nacht zu verlieren…