
2007 brachte Apple das erste Smartphone unter dem Namen iPhone auf den Markt, ein Jahr danach folgte mit dem HTC Dream das erste Smartphone mit dem Google-Betriebssystem Android. 18 Jahre später ist das Smartphone das Maß aller Dinge: Kommunikationsmittel, Informationsmedium, Gaming- und Datingplattform, Reiseplaner, (scheinbarer) Trost gegen Liebeskummer, Einsamkeit und Isolation und – ohne weißes Kaninchen – die Eintrittspforte in das „Wunderland“ der sozialen Medien und des noch gefährlicheren Darknets. Kein Wunder, dass viele Smartphone-User (egal ob jung oder alt) mehrere Stunden pro Tag in ihr Handy starren und dabei das reale Leben immer mehr ignorieren.
Donau-Uni-Studie
Die langfristigen Auswirkungen der Smartphone-Mania auf die Psyche der Menschen sind angesichts der erst kurzen Lebensdauer der Geräte nicht absehbar. Eine aktuelle im Fachjournal BMC Medicine veröffentlichte Studie der Donau-Uni Krems zeigt allerdings eine eindeutige Tendenz. Unter der Ägide von Univ.-Prof. Dr. Christoph Pieh, Leiter des Departments für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, wurde ein Experiment mit zwei Gruppen durchgeführt: Bei der einen Gruppe wurde die tägliche Smartphone-Nutzung auf maximal zwei Stunden beschränkt, bei der Kontrollgruppe dagegen wurde die durchschnittliche Nutzung von 4,5 Stunden beibehalten.
Die spannenden Ergebnisse: Nach drei Wochen geringerer Nutzung gingen die depressiven Symptome um 27 Prozent zurück, der Stress nahm um 16 Prozent ab, die Schlafqualität stieg um 18 Prozent, das allgemeine Wohlbefinden um 14 Prozent. Diese Werte verschlechterten sich allerdings wieder, als die Smartphone-Aktivitäten wieder erhöht wurden. Ziel müsse daher nicht nur eine kurzfristige Reduktion der Handy-Nutzung sein, sondern eine nachhaltige Veränderung des Nutzungsverhaltens.
Kinder mit eigenem Smartphone
Einfacher als einen Gewöhnungseffekt bzw. im schlimmsten Fall eine Sucht zu bekämpfen, ist, diese erst gar nicht entstehen zu lassen. Dies betrifft vor allem Kinder und Jugendliche, die zum ersten Mal mit einem Smartphone in Kontakt kommen. Laut einer oberösterreichischen Studie besitzt bereits die Hälfte der 8- bis 10jährigen ein eigenes Smartphone, bei den 10- bis 12jährigen sind es laut einer deutschen Bitkom-Umfrage bereits 76 Prozent.
Die Online-Nutzung steigt dabei mit zunehmendem Alter. Bei den 5- bis 8-Jährigen sind laut Google-Studie bereits 45 Prozent ein bis drei Stunden online, bei den 9- bis 12-Jährigen 58 Prozent. Diskutiert wird in der Politik und in der Öffentlichkeit aber nicht über das Smartphone-Eignungsalter für Kinder, zeitliche Beschränkungen, technische Sicherheitsvorkehrungen, notwendige Handlungsanleitungen der Eltern oder über die Vermittlung von Medien- und Digitalkompetenz, sondern über Handy-Verbote in den Schulen.
Handy-Verbote in den Schulen
So will der neue Bildungsminister Christoph Wiederkehr als einer seiner ersten Amtshandlungen ein bundesweites Handy-Verbot bis zur 8. Schulstufe einführen. Abgesehen davon, dass dieses Problem zumindest in den Volksschulen eher wenig ausgeprägt ist, haben bereits rund 80 Prozent der Pflichtschulen Maßnahmen gegen die Handynutzung in den Schulen getroffen, und zwar im Rahmen der Schulautonomie. Gemäß § 44 des Schulunterrichtsgesetzes kann das Schulforum bzw. der Schulgemeinschaftausschuss in der Hausordnung schuleigene Verhaltensvereinbarungen für Schüler erlassen, bei denen auch diverse Regelungen über den Handygebrauch inkludiert sind. Bei Verstößen gegen die Hausordnung drohen u.a. eine Verwarnung, eine Eintragung im Klassenbuch oder eine Mitteilung an die Eltern. Unabhängig von der Hausordnung kann die einzelne Lehrperson dem Schüler bei Störung des Schulbetriebs das Smartphone abnehmen (§ 3/4 Schulordnung). Ob eine Störung durch die Handynutzung vorliegt, entscheidet allein die Lehrperson.
Verantwortung der Eltern
In der bereits monatelang geführten Diskussion über Handyverbote in der Schule trügt der Eindruck nicht, dass hier wieder einmal ein Erziehungsmangel in den Familien auf die Schulebene verlagert werden soll. Denn wer, wenn nicht die Eltern, sind dafür verantwortlich, dass ein Kind bzw. ein Jugendlicher ein eigenes Smartphone besitzt und dieses obendrein noch in die Schule mitnimmt.
Smartphone ab 14
So fordert der bekannte deutsche Digitalexperte und Autor Daniel Wolff, dass Kinder erst ab 14 ein eigenes Smartphone bekommen sollten. Stichwort: „Smarter Start ab 14“ (so der Name einer Hamburger Elterninitiative). Außerdem brauche es „viel mehr Kompetenzvermittlung für digitale Medien auf allen Ebenen, und das vor allem für die Eltern.“
Ein Tip von Wolff: „Mit dem Smartphone so lange warten, wie es geht, und dafür Verbündete finden. Wenn die beste Freundin auch keines hat, hält man es besser aus.“ Liegt das Smartphone schlussendlich doch unter dem Weihnachtsbaum, das Kind nicht alleine experimentieren lassen, sondern gemeinsam über die zeitliche Nutzung, Apps, Einstellungen und Gefahren sprechen. Der erste Schritt, dass das Kind nicht in die „Handysucht-Falle“ tappt…