Alleinerziehende Mütter vor dem finanziellen Kollaps: Her mit der Unterhaltsgarantie!

In Österreich, einem der reichsten Länder der EU, sind rund 1,3 Millionen Menschen armutsgefährdet. Besonders betroffen sind alleinerziehende Haushalte, die mit 52 Prozent das höchste Armutsrisiko aller Haushaltstypen aufweisen. Der Frauenanteil bei den rund 300.000 Ein-Eltern-Haushalten beträgt dabei 83 Prozent. Die Armutsgefährdung betrifft nicht nur Mütter, die keiner Arbeit nachgehen, sondern auch erwerbstätige Frauen. 28 Prozent der Working Poor sind alleinerziehende Frauen.

 

Diese Probleme sind nicht neu. Im Gegenteil: Es wird schon seit Jahrzehnten (!) im Parlament oder in diversen NGO´s darüber diskutiert, es liegen Gesetzesinitiativen, Anträge und Anfragen (vor allem aus dem linken Parteienspektrum) vor, die aber zu keinen Ergebnissen geführt haben. Die Corona-Krise, die galoppierende Inflation und die steigende Arbeitslosigkeit haben die finanzielle Situation der Alleinerziehenden zusätzlich verschlechtert.

 

Unterhalt

 

Hauptanknüpfungspunkt sind dabei die zu geringen bzw. komplett fehlenden Unterhaltszahlungen des (zumeist) unterhaltspflichtigen Vaters an den alleinerziehenden Haushalt. Laut einer aktuellen Statistik bekommen nur 51 Prozent der Kinder Unterhalt von ihrem Vater, unfassbare 36 Prozent erhalten weder einen Kindesunterhalt noch Ersatzleistungen. Aber existiert da nicht in Österreich das bereits in den 80ern eingeführte Institut des Unterhaltsvorschusses?

 

Unterhaltsvorschuss

 

Das gibt es tätsächlich noch, allerdings erhalten nur 10 % der Kinder bzw. nur jedes fünfte Kind, das keinen Unterhalt oder keine Halbwaisenrente bekommt, einen Unterhaltsvorschuss. Und das liegt an den restriktiven Voraussetzungen des UVG. Anspruchsberechtigt sind nur minderjährige Kinder (bis 18). Außerdem muss gegen den nicht leistenden Unterhaltsschuldner ein im Inland vollstreckbarer Exekutionstitel bestehen. Ist der Unterhaltsschuldner zahlungsunfähig oder unbekannten Aufenthalts, dann wird der staatliche Unterhaltsvorschuss überhaupt nicht gewährt. Und das, obwohl nach der Geldüberweisung an die Mutter ein unverjährbarer (!) Rückforderungsanspruch gegen den unterhaltspflichtigen Vater entsteht. Die Einbringungsquote beträgt derzeit rund 65 Prozent.

 

Eine problematische Situation für die alleinerziehenden Mütter ergibt sich auch dann, wenn der Vater aufgrund geänderter wirtschaftlicher Verhältnisse (Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit,…) einen Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts stellt und bei Genehmigung dann auch der Unterhaltsvorschuss sinkt. So bezogen laut einer Unterhaltsbefragung 2021 die Kinder durchschnittlich nur 305 Euro, jene mit Unterhaltsvorschuss sogar nur 250 Euro pro Monat. Vergleicht man dies mit den tatsächlichen Kinderkosten von rund 900 Euro in einem Ein-Eltern-Haushalt, dann ist dies gerade einmal ein Drittel. 

 

Kinderarmut

 

Kinderarmut hat negative Auswirkungen in jeder Hinsicht, auf die Gesundheit, die Bildungschancen, die soziale Integration, den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Es besteht daher akuter Handlungsbedarf, und zwar in Richtung einer Modernisierung des Unterhaltsrechts. Die Grünen haben erst Anfang März einen Entschließungsantrag betreffend Einführung einer Unterhaltsgarantie im Parlament eingebracht. Dieses Instrument wird auch favorisiert durch den engagierten Verein Feministischer Alleinerzieherinnen, kurz FEM.A.

 

Unterhaltsgarantie

 

Die Protagonisten fordern die Umsetzung der Unterhaltsgarantie in Höhe der Regelbedarfssätze. Dabei handelt es sich um den statistisch erhobenen Durchschnittsbedarf von Kindern in Österreich, der Kosten für Nahrung, Kleidung, Wohnung, Unterricht und Freizeitaktivitäten umfasst. Diese Werte werden jährlich vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien veröffentlicht und betragen im Jahr 2025 je nach Alter zwischen 350 und – ab 19 - 770 Euro pro Monat. 

 

Vergleicht man diese Werte mit der Kinderkostenanalyse des Sozialministeriums, dann liegen diese bei Alleinerziehenden weit darunter. So betrugen die monatlichen Kinderkosten bei Alleinerziehenden im Jahr 2023 zwischen 550 und 1703 Euro. Insofern ist eine Forderung auf Erhöhung der Regelbedarfssätze mehr als naheliegend. Um den Unterhalt auch für volljährige Kinder in Ausbildung zu sichern, so sollten die Ansprüche auf Unterhaltsgarantie und Unterhaltsvorschuss auf den gesamten Zeitraum des Familienbeihilfenbezugs ausgedehnt werden.

 

Die Berechnung der Unterhaltsgarantie erfolgt laut dem FEM.A.-Vorschlag nach einem einfachen Schema. Der individuelle Wert ergibt sich aus der Differenz zwischen den nach Alter aufgesplitteten monatlichen Kinderkosten und den vorliegenden Abzugsposten (wie Familienbeihilfe, Kinder- und Alleinerzieherabsetzbetrag, Familienbonus Mutter, Unterhaltsvorschuss, Studienbeihilfe,…). 

 

Die Unterhaltsgarantie macht das Leben in alleinerziehenden Haushalten, das aufgrund der Trennungssituation psychisch ohnehin schwer genug ist, finanziell abgesicherter und damit lebenswerter. Die Chancengleichheit der Kinder steigt, ebenso deren Wohlbefinden und deren sozialer Status. Das kann man vom derzeitigen System nicht behaupten. Das aktuell geltende Unterhaltsmodell hat zur Folge, dass mehr als die Hälfte der Kinder von Alleinerziehenden von Armut betroffen sind. Und das ist eigentlich zum Schämen…