Foto Arsenal Wien: Opening Weekend mit Parcours der Fotoagentur Magnum

„Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, dann bist du nicht nah genug dran“, ein legendäres Zitat des Kriegsfotografen Robert Capa, der durch seine waghalsigen Fotos allerdings mit dem Leben bezahlte. 1954 trat er bei einem Indochina-Kriegseinsatz auf eine Mine. Berühmt wurde er mit seinen nur elf Fotos über den Einmarsch der US-Truppen am Strand der Normandie am 6. Juni 1944. Eine von vielen spannenden Anekdoten der Magnum-Fotoagentur, die im Rahmen der ersten Ausstellung im neuen Wiener Foto Arsenal medial präsentiert werden.

 

Es gilt hier ausnahmsweise nicht „Der Weg ist das Ziel“, ein gewisse Wegstrecke muss allerdings sportlich zu Fuß bewältigt werden, um in den Genuss der neues Photography-Hot Spots zu kommen. Das Foto Arsenal Wien hat seinen Standort im 3. Bezirk, am besten erreichbar mit der Linie D Belvedere 21 und dann per pedes neben dem Schweizergarten Richtung Heeresgeschichtliches Museum zum Objekt 19 a, einem ehemaligen Werkstattgebäude. Nach 18 Monaten Umbau befindet sich heute in dem dreistöckigen Ziegelbau ein Fotomuseum (inkl. Museumsshop und Gastrobereich) mit einer Fläche von 1000 Quadratmetern, in den Obergeschossen zusätzlich eine eigene Abteilung für Vermittlung mit Workshopräumen und eine Dunkelkammer. 

 

Rund 10 Ausstellungen pro Jahr sollen stattfinden, außerdem ist es das eherne Ziel des Foto Arsenals, die Medienkompetenz der Menschen (insbesondere der Kinder und Jugendlichen auch mit Schulbesuchen) zu stärken, so der deutsche Kunsthistoriker und künstlerische Leiter Felix Hoffmann, der zuvor als Hauptkurator der C/O Berlin Foundation tätig war. „Viele Menschen trauen immer noch Bildern, weil Bilder so stark sind“, so Hoffmann, und das, obwohl bereits in der analogen Fotografie (weit vor der Ära der digitalen Revolution und der künstlichen Intelligenz) genauso mit Fotos manipuliert wurde.

 

Prominente Beispiele dazu werden in der ersten Ausstellung „Magnum. A World Photography“ gezeigt, die noch bis 1. Juni 2025 besucht werden kann. Die 1947 in Paris gegründete Agentur hat angeblich diesen Namen, weil bei der Gründung eine Magnumflasche Champagner getrunken wurde. Die (aktuell rund) 50 Mitglieder werden anhand spezieller Aufnahmeverfahren mit Zweidrittelmehrheit ausgewählt. Die besondere Exklusivität zeigt sich darin, dass die Rechte am Bild und den Negativen beim Fotografen verbleiben, wodurch sich auch die Vermarktungsmöglichkeiten verbessern.

 

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen dabei nicht nur die Kult-Fotos an sich, sondern die Arbeitsprozesse, die mittels Kontaktbögen, Auswahlmechanismen, Dunkelkammerbeschriftungen und Background-Informationen veranschaulicht werden. Zu sehen ist ein berühmtes Foto des US-Fotografen Elliott Erwitt über ein Treffen von Richard Nixon und Nikita Chruschtschow bei einer Moskauer Haushaltswarenmesse 1959. Obwohl handwerklich eigentlich mangelhaft, wurde dieses Foto – unautorisiert – von den Republikanern im Wahlkampf verwendet. Grund: Die Hand Nixons, die scheinbar drohend gegen den Körper des russischen Ministerpräsidenten gerichtet ist. 

 

Weltberühmt ist auch das Che Guevara-Foto des Schweizer Magnum-Fotografen Rene Burri, der auf ausdrücklicher Order nur bei geschlossenen Jalousien fotografieren durfte. Bei seinem nächsten Kuba-Besuch entdeckte Burri sein Foto auf zahlreichen T-Shirts. Weitere ikonenhafte Motive in der Ausstellung: James Dean very cool mit Trenchcoat und Zigarette im Mund auf dem Times Square (kreiert von seinem persönlichen Freund Dennis Stock), Cassius Clay, Malcom X, die Staatsvertrags-Zeremonie auf dem Belvedere-Balkon, New Yorker Subway-People, der Funeral Train nach dem Tod Robert Kennedys und das Blumenmädchen Marc Ribouds. Ein besonderer Hit (nicht nur für die Kinder) ist das süße Lama Linda, das im einem in Manhattan fahrenden Auto mit aus dem Fenster gestreckten Kopf abgelichtet wurde. Kreative Schöpferin: Die österreichische Fotografin Inge Morath, ihres Zeichens erste Frau in der glanzvollen Riege der Magnum-Fotografen.

 

In dem hinteren Raum zeigen jüngere Fotografen, wie sehr sich die moderne Fotografie in Richtung Multimedia, Installationen und Aktivismus entwickelt hat. Susan Meiselas dokumentiert mit Fotografien, Videos und Berichten die kurdische Diaspora, Rafal Milach arrangiert meterhohe Bilder und Videos von polnischen Demos gegen das Abtreibungsverbot, und die belgische Fotografin Bieke Deeporter erläutert ihre mysteriöse Suche nach einem Mann namens Michael. Dieser übergab ihr 2015 drei Koffer mit persönlichen Gegenständen und Essays und verschwand dann spurlos. 

 

Auch für Newcomer ist Platz im neuen Foto Arsenal. „Clean Thoughts. Clean Images“ heißt die erste Einzelausstellung des 1996 geborenen Fotografen Simon Lehner, der unterschiedlichste Techniken (inkl. der Einbeziehung eines Roboters) verwendet und dabei Bilder in Holzplatten einfräst. Man darf gespannt sein auf das künftige Programm des neuen Fotografie-Epizentrums. Das alle 2 Jahre stattfindende Festival der Foto Wien im Oktober 2025 zählt auf jeden Fall dazu…